Wetter

Endlich Sommer – nach meteorologisch nun astronomisch, bald auch phänologisch

von Holger Westermann

Meteorologen rechnen gerne in kompletten Kalendermonaten, so lassen sich Wetter- und Klimadaten einfacher auswerten und mit anderen Datensätzen, beispielsweise Wirtschaftsdaten, vergleichen. Daher beginnt für sie der Sommer bereits am 1. Juni. Der astronomische Sommerbeginn ergibt sich aus dem Weg der Erde um die Sonne und der Neigung der Erdachse gegenüber der Umlaufbahn – oder von der Erde aus betrachtet: Dem Stand der Sonne am Himmel. Am 21.06.2013 stand sie genau um 7:04 Uhr an ihrem nördlichsten Punkt. Der phänologische Sommer verspätet sich in diesem Jahr ein wenig. Er beschreibt das Reifen der Natur im Jahreslauf. Die kam heuer (in diesem Jahr) durch einen frostigen Mai und den verregneten Junibeginn ein wenig ins Trödeln.

Das "phänologische Jahr" unterteilt sich in 10 "phänologische Jahreszeiten", die anhand spezieller Indikatoren (Leitphasen) unterschieden werden. Der Sommer ist eine sehr dynamische Jahreszeit, in die sehr viele Fortpflanzungs-, (Frucht) Reife- und Ausbreitungsphasen bei Pflanzen und Tieren fallen. Deshalb untergliedert man ihn in Frühsommer, Hochsommer und Spätsommer. Mit dem Blühbeginn der Wiesengräser setzt der Frühsommer ein, zuerst der Wiesenfuchsschwanz und auf Getreidefeldern der Winterroggen. Blühen die ersten Sommer-Linden und auf den Feldern die Kartoffeln, beginnt der Hochsommer. Die Termine der phänologischen Jahreszeiten sind von meteorologischen Parametern wie Niederschlag, Temperatur und Sonnenstrahlung abhängig. Von wissenschaftlichen Interesse ist deren mittel- und langfristige Verschiebung, aus der sich eine Veränderung des Klimas ableiten lässt.

Unumstritten ist dieses Verfahren allerdings nicht, sofern es sich an kurzlebigen Organismen wir Gräsern orientiert. Dabei könnte sich beispielsweise das zufällige Ausbleiben von kräftigen Spätfrösten über wenige Jahre bereits auf den durchschnittlichen Blühbeginn auswirken. Ein einziger kräftiger Forst verschiebt dann die Verteilung des Merkmals „Blühzeitpunkt“ in der Population wieder zu Gunsten der späten Varianten. Deshalb ist der Fokus auf langlebige Organismen das zuverlässigere Beurteilungskriterium zur phänologischen Klimaanalyse.

Physikalisch betrachtet ist Sommer hierzulande die Jahreszeit maximaler Energiedichte in der Atmosphäre. Die Wärmestrahlung der Sonne ist zu Sommerbeginn maximal, sowohl in Hinblick auf ihre Dauer (längster Tag) als auch auf ihre Intensität (höchster Sonnenstand am Himmel, kürzester Weg durch die Atmosphäre, minimale Reflexion und Absorption). Doch so richtig warm wird es erst nach diesem Datum, der Sommer beginnt erst. Geschuldet ist dieser Effekt der Trägheit der großen Energiespeicher Atmosphäre und Ozeane.

Wenn sich ab Frühlingsbeginn die Sonne über den Äquator hinweg nach Norden bewegt, erwärmen sich sukzessive die Ozeane und Landflächen auf der Nordhalbkugel und speichern so die einstrahlende Sonnenenergie. In nördlichen Breiten über 60°N (etwa Südspitze Grönlands) bleibt der Energieeintrag trotz steigendem Sonnenstand sehr gering. Für eine spürbare Erwärmung bedarf es des aktiven Wärmetransports vom Süden in den Norden. Dies geschieht arbeitsteilig durch Ozeane und Atmosphäre. Bis etwa 30° N (etwa Kairo, Ägypten) hauptsächlich durch die Strömung der Ozeane, beispielsweise den Golfstrom. Oberhalb von 30° N gewinnt die Warmluft in der Atmosphäre als Transportmedium für Wärme an Bedeutung. Insbesondere die mächtigen Tiefdruckgebiete über Mitteleuropa sorgen für kräftige Luftströmungen – auf der Nordhalbkugel immer entgegen dem Uhrzeigersinn um das Druckzentrum herum. Westlich vom Tiefdruckkern überwiegt daher eine nordwestlich Kaltluftströmung, an der Ostseite wird Warmluft aus dem Mittelmeerraum und Nordafrika heran geführt. So muss zunächst im Süden genug Sonnenwärme im Boden und in der Atmosphäre gespeichert werden, bis sie als Warmluft nach Norden gelenkt werden kann. Deshalb entwickelt sich die warme Jahreszeit in Mitteleuropa stets erst in Folge des Strahlungsmaximums am 21. Juni, und somit erst nach diesem Termin. Die typischen Hochsommermonate sind hierzulande Juli und August.

So war die Periode extremer Hitze Anfang Juni dieses Jahr eine meteorologische Besonderheit. Die Sonne hatte ihren höchsten Stand und damit ihre maximale Strahlkraft schon nahezu erreicht. Dabei herrscht über Mitteleuropa hoher Luftdruck bei wolkenlosem Himmel, die Sonnenwärme konnte ungehindert heizen. Zudem entwickelte sich an der Vorderseite eines Tiefdruckkomplexes über Westeuropa eine stabile südliche Strömung, die stark erhitzte Luft aus Nordafrika über das Mittelmeer direkt nach Mitteleuropa führte. Die annähernd maximale Einstrahlung und die stark erhitze Luft aus Süden, angereichert durch hohe Luftfeuchte addierten sich zu einem schwülheißen Sommerwetter, wie es an sich erst für den Hochsommer typisch ist.

Quellen:

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Sommerbeginn - Astronomisch, meteorologisch oder doch phänologisch? Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 22.06.2013

Erstellt am 22. Juni 2013
Zuletzt aktualisiert am 23. Juni 2013

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