Wetter

14.04.2012: Wettervorhersagen, die Geschichte der synoptischen Meteorologie. Teil 1

von Holger Westermann

Bei der synoptischen Meteorologie werten die Wetterexperten aktuelle Beobachtungen aus, um eine Prognose zu formulieren, sie erstellen eine Zusammenschau (griechisch „Synopsis“) der Wetterlage. War es in früheren Zeiten ein Problem überhaupt an aussagekräftige Daten zu kommen, so führen heute die riesigen Datenmengen zum Problem den Überblick zu behalten. Heutzutage können Meteorologen die Datenauswertung und Modellrechnungen zur Vorhersagesimulation mit leistungsstarken Computern recht zuverlässig bewältigen. Zu Beginn der meteorologischen Forschung war dies sehr viel beschwerlicher.

Die wichtigste Voraussetzung für eine Prognose sind gleichbleibend korrekte Ausgangsdaten, die über einen längeren Zeitraum erhoben wurden. Nur dann lassen sich verlässlich regelhafte Muster in den Daten erkennen, die eine Prognose rechtfertigen, falls ähnliche Datenmuster erneut auftreten. Diese Voraussetzung wurde erstmals in Deutschland erfüllt, indem der kurpfälzische Kurfürst Karl Theodor im Jahr 1780 die Societas Meteorologica Palatina, die Mannheimer Meteorologische Gesellschaft, als 3. Klasse der Mannheimer Akademie der Wissenschaften gründete. Sie war die erste Gesellschaft, die weltweit Wetterbeobachtungen organisiert, durchgeführt und veröffentlicht hat.

Um das Jahr 1820 herum zeichnete an der Universität Breslau Heinrich Wilhelm Brandes mit Hilfe dieser Daten die ersten Wetterkarten. Er verband die Orte gleichen Luftdrucks mit einer Linie und zeichnete so die ersten Wetterkarten wie wir sie heute noch kennen, mit Hoch- und Tiefdruckgebieten. Dabei erkannte er, dass hierzulande (auf der Nordhalbkugel) der Wind um Hochdruckgebiete im Uhrzeigersinn und um Tiefdruckgebiete gegen den Uhrzeigersinn weht. Eine Wettervorhersage konnte man dazumal aber noch nicht erstellen, es fehlte noch an Kommunikationsmitteln um die Messdaten der Wetterstationen schnell genug zur Verfügung zu stellen. Eine „Vorhersage“ des Wetters für die kommenden drei Tage auf Grundlage von zehn Tage alten Daten ist wenig sinnvoll.

Der erste wichtige Meilenstein wurde in den 1830er Jahren von Samuel Finley Breese Morse mit der Konstruktion des Schreibtelegraphen erreicht. Damit konnte im Jahr 1842 in Amerika die erste tagesaktuelle Wetterkarte gezeichnet werden, 1849 erschien in der Londoner "Daily News" die erste Zeitungswetterkarte. Antrieb für diese Entwicklungen war anfangs wohl in erster Linie das Interesse an Natur und Forschung, der praktische Nutzen einer Wettervorhersage schien den Regierenden wohl noch nicht bewusst gewesen zu sein.

Dies änderte sich im Jahre 1854: Während des Krimkriegs sank am 14. November im Schwarzen Meer ein französisches Schiff in einem Sturm, der zuvor durch ganz Europa gezogen war. Schon mit den damals zur Verfügung stehenden Mitteln der synoptischen Meteorologie hätte dieses Unwetter vorhergesagt werden können. Dadurch erkannte man die militärische Bedeutung der Wettervorhersage, so dass deren Förderung fortan zur hoheitlichen Aufgabe wurde. In den zwei folgenden Jahrzehnten begannen die europäischen Großmächte mit dem Aufbau eines leistungsfähigen Beobachtungsnetzes und gaben die ersten Wetterkarten heraus. In Deutschland war hierfür ab 1876 die Deutsche Seewarte in Hamburg zuständig, aus der unter anderem auch die heutige Regional- und Seewetterzentrale des Deutschen Wetterdienstes (DWD) hervorging.

Die Bedeutung des internationalen Austauschs von Wetterdaten wurde frühzeitig erkannt, so dass bereits im Jahr 1879 die Internationale Meteorologische Organisation (IMO) gegründet wurde. Seit 1950 ist die World Meteorological Organization (WMO) der UNO für die internationalen Standards beim Austausch von Wetter-Beobachtungsdaten verantwortlich.

Hilfreich für die Verbesserungen der Wettervorhersage war auch der Einstieg in die Erforschung der Atmosphäre. Der Temperaturverlauf in den Luftschichten kann durch Bodenwetterstationen nicht bestimmt werden. Der deutsche Meteorologe Hugo Hergesell ließ deshalb ab den 1890er Jahren Wetterballons mit Messinstrumenten steigen, die ihre Messdaten aufzeichneten. Nach dem Platzen des Ballons mussten die abgestürzten Messinstrumente allerdings erst einmal gesucht werden. Dies nahm oft viel Zeit in Anspruch, so dass die Aufzeichnungen für die tägliche Wettervorhersage noch nicht genutzt werden konnten. Ab 1908 gab es erste Versuche, die Daten von den Messinstrumenten per Funk zu einer Bodenstation zu übertragen. Es dauerte aber noch bis es Anfang der 1930er Jahre, bis die Mess- und Funktechnik weit genug entwickelt war, um die sogenannten Radiosonden systematisch für die Wettervorhersage zu nutzen.

Wie es mit der Entwicklung der synoptischen Meteorologie weiterging, erfahren Sie in der kommenden Woche im "Thema des Tages".

Wettervorhersagen, die Geschichte der synoptischen Meteorologie. Teil 2

Wettervorhersagen, die Geschichte der synoptischen Meteorologie. Teil 3

Quellen:

Dipl.-Met. Peter Hartmann: Geschichte der synoptischen Meteorologie. Teil 1: Anfänge in Messtechnik und Kommunikation. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 14.04.2012

Erstellt am 15. April 2012
Zuletzt aktualisiert am 19. September 2012

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