Es ist nicht notwendig, Patienten zu täuschen

Placebos wirken auch wenn man es weiß

von Holger Westermann

Auch wenn Patienten wissen, dass die eingenommenen Medikamente keinen pharmakologischen Wirkstoff enthalten, spüren sie eine Linderung ihrer Symptome. Das ergab eine Übersichtsarbeit in der die Ergebnisse von 13 klinische Studien mit insgesamt 834 Patienten zusammengefasst wurden.

„Dass Placebos ohne pharmakologisch aktive Substanzen das Geschehen im Gehirn oder den Hormonhaushalt beeinflussen und erstaunliche Therapieerfolge erzielen können, wussten wir seit langem“, erklärten die Forscher der Abteilung Systemische Gesundheitsforschung an der Klinik für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie des Universitätsklinikums Freiburg (Baden-Württemberg, Deutschland) die Ausgangssituation. Doch die Ergebnisse ihrer Untersuchung verblüfften sie dann doch: „Die bewusste Einnahme eines Placebos mag zwar etwas verrückt erscheinen, aber sie hat in diesen Studien gewirkt – und damit die gezielte Täuschung der Patienten unnötig gemacht.“ „Wir konnten erstmals wissenschaftlich gesichert zeigen, dass auch offen verabreichte Placebos wirksam sein können."

Dabei wurde ein weites Spektrum von Erkrankungen und Symptomen geprüft, Depression und Depressivität, ADHS und Fatique, auch Rückenschmerzen und Reizdarmsyndrom sowie Hitzewallungen und Heuschnupfen. Von psychischen Erkrankungen und Schmerzen, über typisch psychosomatische Symptomatik bis hin zu Allergien. Stets wurde den Patienten mitgeteilt, dass sie nun ein Scheinmedikament erhalten, das keine Wirksubstanz enthält und daher auch keine Wirkung im Körper zu erwarten sei. Dennoch sollten sie dieses W“Medikament“ in der vorgeschriebenen Weise regelmäßig einnehmen.

In ihrem Fazit regne die Forscher an zukünftig die positive Wirkung offen verabreichter Placebos im Klinikalltag zu nutzen, damit die Patienten davon profitieren. Die Belastung des Vertrauensverhältnisses zwischen Patient und Arzt durch eine bewusste Täuschung ist offensichtlich gar nicht nötig.

Quellen:

von Wernsdorff, M. et al. (2021): Effects of open-label placebos in clinical trials: a systematic review and meta-analysis. Scientific Reports 11: 3855. DOI: 10.1038/s41598-021-83148-6

Pressemitteilung vom Universitätsklinikum Freiburg (2021)
: Placebos wirken auch bei bewusster Einnahme. Online veröffentlicht 22.02. 2021.

siehe auch
Westermann, H. (2021): Kommunizierter Placeboeffekt. Menschenswetter Artikel 1773. Online veröffentlicht 22.02. 2021

Erstellt am 26. Februar 2021
Zuletzt aktualisiert am 26. Februar 2021

Unterstützen Sie Menschenswetter!

Die Höhe des Beitrags liegt in Ihrem Ermessen.

Weitere Informationen...

 3 Euro    5 Euro    12 Euro  
 Betrag selbst festlegen  

Ab jetzt Winterwetter

Es ist nicht nur ein kurzzeitiger Kaltluftvorstoß, sondern der drastische Wechsel vom nasskalten Herbst zu frostigem Winterwetter. Die Großwetterlage stellt sich nachhaltig um. Das ist hierzulande Ende November eigentlich „normal“, nur in den letzten Jahren blieb der Übergang vom Spätherbst zum Frühwinter zumeist mild; Schnee schmolz rasch wieder dahin. Diesmal ist das anders - es wird nachhaltig winterlich. weiterlesen...


Admarker

Der digital Asthma-Helfer für die Tasche

Breazy Health


Schon wenig Rotwein kann massive Kopfschmerzen auslösen

Reichlich Rotwein am Abend kann morgens Kopfschmerz provozieren. Manchen Menschen leiden jedoch schon nach einem kleinen Glas oder gar einem Probierschluck Rotwein und rasch anflutenden Kopfschmerzen - nicht erst nach Stunden im alkoholvertieftem Komaschlaf, sondern unmittelbar anschließend bei hellwachem Bewusstsein. weiterlesen...


Impfsaison 2023/2024 für Menschen mit Atemwegserkrankungen

Robert-Koch-Institut (RKI) und Ständige Impfkommission (STIKO) empfehlen Menschen mit Asthma und COPD frühzeitige Impfung gegen Grippe (Influenza) und neue Corona-Varianten sowie eine Überprüfung des Pneumokokken-Schutzes zur Vorbeugung einer Lungenentzündung. Gerade in der jetzt beginnenden kalten Jahreszeit steigt neben Infektionen der oberen und unteren Atemwege auch das Risiko für spürbare Verschlechterung der Symptomatik von vorbestehenden Lungenerkrankungen. weiterlesen...


Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt Ärzte bei der Diagnose

Das Konzept der KI (im Englischen treffender als Artificial Intelligence bezeichnet) ist in der aktuell populären Version auf die Komposition von Texten optimiert. In der medizinische Diagnostik werden andere Qualitäten gefordert. Doch schon heute liefern solche Anwendungen erstaunlich kompetente Unterstützung. weiterlesen...


Wetterwechsel provoziert Migräneattacken

Befragt man Menschen, die unter Migräne leiden, werden zuverlässig bestimmte Wetterlagen oder  eine besonders dynamische Veränderung des Wetters als Auslöser von Schmerzattacken genannt. Deshalb wurde dieser besondere Umwelt-Trigger schon vielfach untersucht. Neue Studien zeigen, dass es nicht die Wetterlage ist, die Schmerzattacken auslöst. weiterlesen...