Soziale Intelligenz säuft

Bier beflügelt den Erfolg im Studium

von Holger Westermann

Rund ein Drittel der Studenten verlässt die Hochschule ohne Abschluss. Auch wenn einige Studienabbrecher lediglich die Fakultät wechseln, ist die Quote erschreckend hoch. Zu hoch für die vielen Studenten mit frustrierendem Misserfolg. Zu hoch für die Gesellschaft mit Mangel an gut ausgebildeten Akademikern. Die Lösung des Problems ist altbekannt und bewährt: Alkohol! Studenten die regelmäßig Bier, Wein, Sekt oder Schnaps trinken, brechen das Studium seltener ab, als ihre weitgehend abstinenten Kommilitonen.

Wissenschaftler am Danish Evaluation Institute EVA in Kopenhagen interessierten sich für die Gründe, die zum Studienabbruch führen und befragten im Wintersemester 2016/2017 mehr als 14.000 Erstsemester mit einem umfangreichen Fragebogen. Die Informationen erlaubten eine Charakterisierung der Lebensgewohnheiten, der Begeisterung fürs Studium sowie der Wahrscheinlichkeit für den Abbruch noch während des ersten Semesters. Dabei ergab sich eine enge Korrelation zwischen der Neigung zum Alkoholkonsum und der Wahrscheinlichkeit das Studium fortzusetzen.

 

Dabei war Alkohol nicht das Therapeutikum für zuverlässigen Studienerfolg, sondern Indiz des jugendlich-sozialen Lebensstils. „Hier sind wir versammelt zu löblichem Tun“ besingt schon das romantische Studentenlied „Ergo bibamus“ (Drum lasst uns trinken) die gesellige Motivation der akademischen Trinkkultur. Seither hat sich offensichtlich kaum etwas geändert, wenn Studenten beisammen sitzen. Bier, Wein und Sekt, neuerdings auch Mischgetränke mit Hochprozentigem erleichtern die Kontaktaufnahme und garantieren lockere Stimmung. Der einsame Trinker ist unter Studenten ein Kuriosum, das in der großen statistischen Betrachtung ohne Relevanz bleibt.

 

Gerade zu Beginn des Studiums sind Sozialkontakte ein kritisches Moment. Wer sich nach der Schulzeit am heimatfernen Studienort einsam fühlt, entwickelt schwerlich Begeisterung für den neuen Lebensabschnitt und das Studentenleben. Lerneifer oder ein engagiertes Sportprogramm können soziale Defizite nicht kompensieren. Die Forscher warnen jedoch davor, die Korrelation zwischen Alkohol und Beharrlichkeit im Studium quantitativ zu interpretieren: mehr Bier motiviert maximal.

 

Es ist vielmehr so, dass junge Menschen trotz Alkohol noch vergleichsweise leistungsfähig sind. Die negativen Folgen bleiben daher in ihrer Wirkung hinter dem positiven sozialen Effekt zurück - aber sie verschwinden nicht. So trägt der neue Lebensstil sicherlich auch bei zum Freshmen-15-Effekt (Studienanfänger nehmen rund 7kg zu, entsprechend 15 amerikanischen Pfund). Zudem ist Schlaf unter Alkoholnarkose nur wenig erholsam und die Konzentrationsfähigkeit sowie die Leistungsbereitschaft am Folgetag oftmals reduziert. Langfristig kann darunter der Studienerfolg leiden. Trösten mag die Erkenntnis: Versemmelte Prüfungen kann man wiederholen, verpasste Partys nicht.

 

 

Aus einem weiteren Grund sind Partys unverzichtbare Veranstaltungen für nachhaltige akademische Erkenntnis. Wer Bücher und Vorlesungsskripte liest, hat noch nichts verstanden. Wer in geselliger Runde über den Inhalt des Studiums interessant erzählen kann und dabei eine Kreis aufmerksamer Zuhörer an sich bindet, kann sich des Lernerfolgs sicher sein. Das beste Trainings-Terrain mit gnadenlosem Publikum ist die Studentenparty.

Quellen:

Westermann, H. (2015): Studieren macht dick. Menschenswetter Artikel 1324, online veröffentlicht 1.12. 2015.

 

Hartkopf, B.T.; Danish Evaluation Institute EVA (2017)Studiestartens betydning for frafald på videregående uddannelser. ISBN: (www) 978-87-7182-041-6

 

Studie als pdf (dänisch)

 

 

Erstellt am 10. August 2017
Zuletzt aktualisiert am 10. August 2017

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