Wetter

Eisregen und gefrierender Regen

von Holger Westermann

Reifglätte, Glatteis, Blitzeis der Volksmund und Journalisten kennen zahlreiche Bezeichnungen für überraschend auftretende Eisglätte. Meteorologen kennen zwei Typen, die sich in ihrer Entstehung und in ihrem Charakter deutlich unterscheiden: Unterkühlter Regen (Eisregen) und gefrierender Regen oder Tau.

Beim gefrierenden Regen fallen über 0°C warme Tropfen auf einen frostig abgekühlten Untergrund und gefrieren dann. Je nach Temperaturdifferenz zwischen vergleichsweise warmen Regentropfen und kaltem Boden kann dieser Prozess eine Weile dauern, zumeist geschieht das aber recht rasch. Für das Auftreten von gefrierendem Regen ist die Witterungsphase vor dem Zeitpunkt des einsetzenden Regens entscheidend. Ist der Himmel in der Nacht klar, kühlt der Boden (das draussen geparkte Auto, der Gehweg, die Straße) durch Abstrahlung der Restwärme stark ab, im Winter oft deutlich unter 0°C. Greift nachfolgend ein atlantischer Tiefausläufer auf das Gebiet über, wird mit einer kräftigen westlichen oder südwestlichen Strömung relativ milde Meeresluft herangeführt. Dabei erwärmt sich die Luft wesentlich schneller als der Boden. Sobald es regnet gefriert der Niederschlag am frostigen Untergrund.

Bei Reifglätte sind die Rahmenbedingungen ähnlich, nur dass es nicht regnet. Die feuchtwarme Luft wird aber durch die nächtliche Abstrahlung oder bei Kontakt mit dem kalten Boden herunter gekühlt. Sie kann dann weniger Luftfeuchte tragen, die überschüssige Feuchtigkeit lagert sich als gefrierender Tau, Meteorologen sprechen von Reif, ab. Weil sich draussen abgestellte Autos schneller auskühlen als der Erdboden sind oft die Fahrzeuge morgens mit Reif überzogen, während Wege und Straßen noch nicht glatt sind. Ein wichtiges Warnzeichen das Scheibenkratzen jedoch allemal, denn an ungünstigen Stellen könnte auch die Straße hinreichend ausgekühlt sein (Kälteseen), dass sich Reifglätte bildet.

Der unterkühlte Regen (Eisregen) besteht dagegen aus unterkühlten Regentropfen, die trotz einer Temperatur unter 0°C ihre flüssige Phase beibehalten. Damit sich Eiskristalle bilden, bedarf es auch bei Frosttemperatur eines Kristallisationskeims, zumeist ein Ruß- oder Staubkorn. Ist die Luft zu sauber können sich trotz Kälte keine Eiskristalle bilden. Erst beim Auftreffen auf den Boden erhält das unterkühlte Wasser Kontakt zu einem Kristallisationskeim und gefriert unmittelbar. Dabei kann der Boden durchaus über 0°C warm sein, trotzdem bildet sich bei Eisregen eine solide Eisschicht.
Damit diese Form von Regen auftritt, muss die Atmosphäre eine spezielle Temperaturschichtung aufweisen: kalt-warm-kalt. Und alle Luftschichten müssen hinreichend mächtig sind, damit der Temperaturwechsel auch im Regentropfen nachgebildet wird. Aus der vergleichsweise kalten Wolke fällt Schnee, der in der Warmluftschicht vollständig schmilzt, in der bodennahen Kaltluft wird dieser Tropfen dann auf unter 0°C heruntergekühlt. Treffen sie auf Kristallisationskeime gefrieren sie noch in der Luft zu Eiskörnchen (kein Graupel, der entsteht bereits in den Wolken). Andernfalls gefrieren sie blitzartig beim Bodenkontakt.
Eine typische Wetterlage für das Auftreten von unterkühltem Regen, ist der Durchzug einer Warmfront nach langanhaltendem Winter-Hochdruckwetter mit Dauerfrost. Die schwere Kaltluft am Boden wird nur sehr zögerlich beiseite geräumt, wodurch die Warmluft auf das Kaltluftpolster am Boden aufgleitet und so die kalt-warm-kalt-Luftschichtung entsteht. Für Fußgänger, Radfahrer und Autofahrer ist Eisregen besonders gefährlich, weil Streusalz nicht hilft. Die Eisschicht bildet sich über dem Untergrund, also auch über dem Streusalz (Auftausalz). Bei gefrierendem Regen kann das Salz dagegen hilfreich sein, da es die Eisbildung verhindert. Mit Salz gefriert der Regen theoretisch erst, wenn er auf weniger als -21,1°C herunter gekühlt wurde.

Glatteis aufgrund von gefrierendem Regen droht derzeit im Nordosten Mitteleuropas. Durch die stabile Ostwetterlage der letzten Woche schob sich kontinentale Kaltluft aus Russland in den Norden und Osten Deutschlands. Bei tagelangem Dauerfrost kühlte die obere Bodenschicht deutlich unter die Frostgrenze aus. Übergreifende Tiefausläufer führen in den nächsten Tagen zunehmend mildere Luft vom Atlantik in Richtung Osten. Dadurch wird auch die Kaltluft nach Osten abgedrängt, die Atmosphäre erwärmt sich deutlich schneller als der tief gefrorene Boden. Sobald es aus den Tiefausläufern regnet, droht Glatteis.

Quellen:

M.Sc. Met. Andreas Würtz: Frost und Regen, eine gefährliche Mischung! Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 01.02.2014

Erstellt am 1. Februar 2014
Zuletzt aktualisiert am 1. Februar 2014

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