Viele Patienten meiden den Schritt in eine psychotherapeutische Praxis
Bei Depression ist die Online-Therapie ebenso effizient wie Therapeutengespräche
Menschen mit mittelschwerer Depression ist es kaum noch möglich ihrer Arbeit zuverlässig nachzugehen, soziale Kontakte werden vernachlässigt. Dennoch scheuen viele Betroffene den Weg zum Facharzt, zunächst weil sie glauben die Krise aus eigener Kraft bewältigen zu können, später können sie sich oft nicht mehr dazu aufraffen. Trotzdem können sie kompetente und effektive Hilfe erfahren, denn eine qualifizierte Internet-Therapie hilft offensichtlich ebenso so gut wie eine konventionelle Sprechzimmertherapie.
Klinische Forscher der Universität Zürich (Schweiz) konnten in einer aktuellen Studie mit sechs Therapeutinnen und 62 Patientinnen und Patienten, die unter mittelschwerer Depression litten, die Gleichwertigkeit von Online- und Offline-Psychotherapie belegen. Die Patienten wurden je zur Hälfte einer Therapieform zugewiesen. Die Behandlung bestand aus jeweils acht Therapiesitzungen mit verschiedenen bewährten Techniken der kognitiven Verhaltenstherapie. Die Techniken wurden so ausgewählt, dass sie sich sowohl für die mündliche (offline) als auch die schriftliche (online) Durchführung eignen. Direkt zum Therapieabschluss war der Erfolg von Online und Offline nahezu identisch. Drei Monate später erwies sich die Internet-Therapie als nachhaltig erfolgreicher, die zuvor online betreuten Patienten zeigten weniger Krankheitssymptome.
„In beiden Gruppen verringerten sich die Depressionswerte deutlich", fasst Studienleiter Prof. Dr. Dr. Andreas Maercker die Ergebnisse zusammen. Bei den Patienten der Online-Gruppe waren 53% symptomfrei, bei der Sprechzimmertherapie waren es 50%. Drei Monate später zeigte die Onlinetherapie einen zusätzlichen positiven Effekt, nun waren 57% ohne Beschwerden. Bei der Offlinetherapie waren dagegen nur noch 42% ohne Symptome, ein leichter Rückfall gegenüber dem Therapieende.
Beide Patientengruppen waren mit der Therapie ausgesprochen zufrieden, wobei die Zufriedenheit mit der Online-Therapie geringfügig überwog (97% zu 91%). Positiv ausgewirkt hat sich möglicherweise, dass die online therapierten Patienten die Korrespondenz mit ihrer Therapeutin immer mal wieder durchgelesen haben und so den Therapieeffekt verstärkten. „Mittelfristig weist die Online-Psychotherapie sogar die bessere Bilanz auf.“ So das Fazit von Prof. Maercker „Unsere Studie ist ein Beleg dafür, dass psychotherapeutische Angebote im Internet eine wirksame Ergänzung des Therapieangebots sind.“ Diese Einschätzung deckt sich mit den Ergebnissen einer Übersichtsarbeit von Frau Prof. Dr. Christine Knaevelsrud in der die Qualität der Patient-Arzt-Beziehung in einem medienvermittelten therapeutischen Kontakt untersucht wurde. Sie stellt fest, dass unabhängig vom Kommunikationsmedium eine stabile therapeutische Beziehung hergestellt werden kann und die internetbasierte Therapie von den Patienten vergleichbar positiv bewertet wird wie eine herkömmliche Face-to-Face-Therapie.
Quellen: Klasen, M. et al. (2013): Die therapeutische Beziehung in internetbasierten Therapieverfahren. Der Nervenarzt 84(7): 823-831. doi: 10.1007/s00115-012-3659-6 Wagner, B. et al. (2013): Internet-based versus face-to-face cognitive-behavioral intervention for depression: A randomized controlled non-inferiority trial. Journal of Affective Disorders, online veröffentlicht am 23. Juli 2013. doi:10.1016/j.jad.2013.06.032
Erstellt am 31. Juli 2013
Zuletzt aktualisiert am 31. Juli 2013

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