Wetter

Strahlender Sonnenschein

von Holger Westermann

Vom strahlend blauen Himmel schickt die Sonne wärmendes Licht, sodass manch bleiche Haut errötet. In dieser kurzen, etwas romantisierenden Beschreibung der aktuellen Wetterlage steckt eine ganze Menge Physik über die Strahlung, die von der Sonne ausgehend die Erde trifft. Auch wenn Meteorologen, im Gegensatz zur Mehrzahl der Menschen, eine stabile Hochdrucklage als wenig attraktiv empfinden (zu wenig Dynamik im System), die genaue Betrachtung der Sonnenstrahlung begeistert sie doch. Auch für wetterempfindliche Menschen ist ein geschulter Blick auf den Sonnenschein empfehlenswert.

Unvorsichtige Cabriofahrer, Freibadbesucher und andere Sonnenbadende konnten bereits feststellen, dass ein bedeckter Himmel noch kein hinreichender Sonnenschutz ist. In den Wolken wird das Sonnenlicht an den feinen Wassertröpfchen absorbiert und abgelenkt. Bei der Absorption wird die Strahlungsenergie in Wärme umgewandelt und verschwindet aus dem Sonnenlicht. Abgelenkte oder gestreute Strahlung ändert die Richtung und verläuft nicht mehr parallel. Das Licht erscheint diffus, um so mehr, je dichter die Bewölkung und um so länger damit der Weg der Strahlung durch die Wolken ist. Etwas 20% der Strahlung wird an der Oberseite der Wolken so stark abgelenkt, dass sie wieder ins Weltall zurückgeworfen (reflektiert) wird.

Letztendlich ist relevant, wieviel und welche Strahlung von der Sonne auf der Erdoberfläche ankommt. Insgesamt werden von der Sonnenstrahlung in den Wolken 19% absorbiert und 26% reflektiert. Dabei wird harte, kurzwellige ultraviolette Strahlung (UV) deutlich weniger stark abgelenkt und absorbiert wie energieärmere langwellige Infrarot-Strahlung (IR). Das sichtbare Licht liegt zwischen diesen beiden Extremen.

So erstaunt es nicht, dass die Sonnenbrandgefahr eher von der Jahreszeit als vom Wetter abhängt. Je höher die Sonne am Himmel steht (Maximum am 21. Juni), um so intensiver ist die Strahlung pro m2 auf der Erdoberfläche. Bei bedecktem Himmel wird das sichtbare Licht und die Wärmestrahlung sehr stark gestreut, die UV-Strahlung trifft aber nahezu unvermindert auf die Haut. Ist es dabei kalt, ist auch die Sonnenbrandgefahr gering, denn die Menschen wählen körperverhüllende Kleidung. Doch bei Wärme wird gern eine Garderobe gewählt, die großflächig Haut präsentiert. Gerade zu Beginn der Sommersaison, wenn die Haut lange Zeit sonnenentwöhnt war, neigt sie bei plötzlich UV-Belastung zu Rötung und Sonnenbrand (Erythema solare, Dermatitis solaris).

Sonnenbrand ist beileibe keine Malaise, die man auf die leichte Schulter nehmen sollte. Als erste Hautreaktion zeigt sich durch die entzündliche Erweiterung der Blutgefäße und die damit verbundene stärkere Durchblutung der Haut eine flächige Rötung (Erythem), die auf Druck weiss wird. Nach wenigen Stunden können je nach Intensität der Hautschädigung eine schmerzhafte Druckempfindlichkeit und Brandschäden bis hin zur Blasenbildung auftreten. Langfristig kann insbesondere bei wiederholter Schädigung der selben Hautpartie auch ein höheres Risiko für Hautkrebs auftreten.

Besonders gefährdet sind die Schultern und der Oberkörper. Häufig schält sich dort einige Tage nach dem Sonnenbrand die Haut, denn diese Körperregionen präsentieren sich im idealen Winkel zu den Sonnenstrahlen. Das ist kein lästiges Sommerritual, sondern ein Alarmzeichen für schwere Gewebeschäden. Auch Füße und Gesicht, hier besonders die Nase und Ohren, sind durch ihre exponierte Lage stark gefährdet und werden zusätzlich meist nicht gründlich genug durch Sonnencreme geschützt.

Eine Wolkendecke ist aber nicht nur ein Filter gegen die Strahlung der Sonne von oben, sondern auch ein Deckel für die Wärmestrahlung vom Boden. Der Wolkendeckel verhindert, dass Wärme ungehindert vom Erdboden und den bodennahen Atmosphäreschichten in den Weltraum abstrahlen kann. Mehr als Dreiviertel der Wärmestrahlung (77%) wird von den Wolken wieder zur Erde reflektiert. Meteorologen sprechen von einer Gegenstrahlung, die den Planeten langfristig hinreichend warm hält, damit sich Menschen darauf wohl fühlen.

Schieben sich nach einer Periode mit sonnigwarmem Sommerwetter Wolken über den Himmel, nimmt die direkte Strahlung zwar ab, doch durch die Gegenstrahlung kann die Temperatur noch einmal ansteigen. Da dann oft auch die Luftfeuchte zunimmt und Schwüle entsteht, wird der Temperaturanstieg noch drastischer spürbar. Wetterempfindliche Menschen, bei denen sich mit steigender gefühlter Temperatur die Symptome und Gesundheitsbeschwerden verschlechtern, sollten im Sommer bei aufziehender Bewölkung besonders achtsam sein und weitere Risiken, beispielsweise körperliche Anstrengung, meiden.

Quellen:

Dipl.-Met. Martin Jonas: Strahlung. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 07.07.2013

Erstellt am 7. Juli 2013
Zuletzt aktualisiert am 7. Juli 2013

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