Wetter

Biowetter für Bienen

von Holger Westermann

Die europäische Honigbiene (Apis mellifera) ist weltweit eines der wichtigsten Nutztiere. Dabei schlägt nicht der direkte Ertrag an Honig und Bienenwachs zu Buche, sondern die indirekte Leistung als Obst- und Gemüseproduzenten. Bienen gewährleisten die Bestäubung zahlreicher Kulturpflanzen. Gerade die vitaminreichen Nahrungsmittel wie Gurken, Kürbis, Zucchini, Tomaten, Paprika, Auberginen, Erbsen und Bohnen sowie fast alle Stein- und Kernobstsorten oder die Sammelnussfrucht Erdbeere sind auf Bienen als Bestäuber angewiesen. Laut Bienenschutzverordnung dürfen daher, sobald die Bienen aktiv sind, in der Landwirtschaft keine bienengefährdenden Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden. Dafür ist eine möglichst präzise Biowettervorhersage notwendig, diesmal nicht für wetterempfindliche Menschen, sondern für die nützlichen Bienen.

Pflanzenschutz, der sich gegen Schadinsekten richtet, ist in der Landwirtschaft sicherlich wichtig. Erst wenn die Schädlinge aus der Winterruhe erwacht sind, lassen sie sich wirksam bekämpfen. Doch genau dann werden im Frühjahr auch die Bienen wieder aktiv. So muss der Einsatz von Insektiziden (Insektengiften) auf Witterungsperioden beschränkt bleiben, bei denen die Bienen im Stock bleiben. Dazu ist eine präzise Prognose notwendig, denn die Landwirte und die Imker benötigen einige Tage Vorbereitungszeit. Die einen müssen ihre Spritzmittel und Geräte vorbereiten, die anderen können während der sensiblen Zeit die Bienenstöcke verschließen.

Die Abteilung Agrarmeteorologie des Deutschen Wetterdienstes (DWD) bietet eine Vielzahl von Informationen für die Land- und Forstwirtschaft an, darunter auch das Modell "BIENE" zur Berechnung der Bienenflugintensität. Dabei werden die bekannten Einflussfaktoren Lufttemperatur, Sonneneinstrahlung, Windgeschwindigkeit sowie Niederschlagsintensität in einem Index-Wert für die zu erwartende Flugaktivität vereint. Dabei bedeutet ein Index-Wert von 0, dass keine Flugaktivität zu erwarten ist und ein Index-Wert von 1, dass die Flugaktivität optimal sein wird.

Der Haupteinflussfaktor ist die Sonneneinstrahlung (Globalstrahlung). So sind Bienen vor Sonnenaufgang und nach Sonnenuntergang nur selten flugaktiv. Ebenso ist bei gleichen Temperaturbedingungen an bedeckten oder stark bewölkten Tagen ein schwächerer Bienenflug zu erkennen als an sonnigen Tagen. Der zweitwichtigste Einflussfaktor ist die Lufttemperatur. Man geht davon aus, dass oberhalb von etwa 20°C gute Bedingungen für den Bienenflug vorliegen. Zwar können Bienen durchaus auch schon bei geringerer Lufttemperatur fliegen, doch bevorzugen sie wärmere Flugbedingungen. So beginnt der Frühjahrsflug schon bei Lufttemperaturen von 10 bis 12°C. Wasserträgerinnen (Bienen brauchen Wasser zu Verdauung von Pollen und zur Regulation der Luftfeuchtigkeit im Bienenstock) sind sogar bei 5 oder 6°C unterwegs. Windgeschwindigkeiten und Niederschlag haben dagegen nur wenig Einfluss auf den Bienenflug. Erst wenn des heftig regnet oder stürmt verzichten die Bienen auf eine Exkursion.

So schien die Natur in der letzten Woche abrupt aus dem Winterschlaf zu erwachen. Die Bienen finden nun immer mehr blühende Pflanzen als Nahrungsquelle. Das vorsommerlich warme Wetter schuf ideale Flugbedingungen für die Bienen, der index-Wert erreichte eine glatte 1. Doch nun wird es wieder deutlich kühler, das zeigt sich auch am Bienenflugindex: Er liegt für die kommenden Tage nur noch zwischen 0 und 0,4.

Quellen:

M.Sc. Met. Stefan Bach: Summ, summ, summ! Bienchen, summ herum! Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 19.04.2013

Erstellt am 19. April 2013
Zuletzt aktualisiert am 19. April 2013

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