Frauen leiden stärker unter der Störung des Tag-Nacht-Rhythmus
Wechsel zur Sommerzeit ist besonders belastend
Durch die Zeitumstellung in der Nacht zum Ostersonntag werden wohl einige zu spät zum Gottesdienst kommen – doch das ist nicht das einzige Problem. Die Verschiebung des Tagesrhythmus um eine Stunde hat auch weitreichende Folgen für die Gesundheit der Menschen. Die innere Uhr wird durch den Wechsel von Tageslicht und nächtlicher Dunkelheit Tag für Tag neu justiert, um über Hormone die Körperfunktionen zu steuern. Eine Änderung um wenige Minuten im Verlauf der Jahreszeiten ist problemlos möglich, ein Zeitsprung um eine Stunde stört den natürlichen Regelmechanismus spürbar. Frauen leiden offensichtlich stärker darunter als Männer.
Die Befragung von rund 55.000 Menschen durch ein Forscherteam der Ludwig-Maximilians-Universität München zeigte die enge Anlehnung der natürlichen Aktivitätsphase an das Sonnenlicht: Im Winter schlafen die Menschen länger als im Sommer, weil sie im Sommer früher aufstehen. Auffällig war dabei, dass sich Aufwachzeitpunkt und Aktivitätsbeginn sukzessive, in kleinen Schritten veränderten – sowohl im Frühjahr wie auch im Herbst. Seit 1980 (von 1916 bis 1920 gab es in Deutschland und Österreich schon einmal eine Sommerzeitumstellung) erleben die Menschen hierzulande eine abrupte Störung dieses schleichenden Anpassungsprozesses, der im Frühjahr (Uhr wird eine Stunde vorgestellt) dramatischer empfunden wird als im Herbst (Uhr wird eine Stunde zurück gestellt).
Die Forscher führen diesen Unterschied darauf zurück, dass es der inneren Uhr leichter fällt eine Verzögerung des Taktgebers Sonnenlicht zu kompensieren als eine Beschleunigung beim Einsetzen der Dunkelheit. Insbesondere den späten Chronotypen, weil sie spät zu Bett gehen und entsprechend später aufstehen oft als „Eulen“ bezeichnet, gelingt eine Anpassung an die Sommerzeit nur sehr schleppend. Sie werden nun noch später müde, da erst mit schwindendem Sonnenlicht die Ausschüttung des Schlaf-Hormons Melatonin beginnt. Bis dahin überwiegt die Wirkung des Serotonins, dass bei Tag für Aktivitätsbereitschaft sorgt. Doch wer abends lange wach bleibt hält morgens die Augen länger geschlossen, die Serotoninbildung setzt bei Eulen später ein. Ein auf der Uhr später Sonnenuntergang verstärkt diesen Effekt.
Aber auch die frühen Chronotypen, weil vergleichsweise früh schlafen gehen und bereits frühmorgens fit sind werden sie „Lerchen“ genannt, gelingt die Anpassung an die Sommerzeit nur unvollständig. Auch sie haben mit der verzögerten Melatoninfreisetzung zu kämpfen. Da sie am Abend aber bereits erschöpft sind, gelingt es den Lerchen besser dann auch unmittelbar zur Nachtruhe über zu gehen, Eulen benötigen dafür noch einige Zeit – die ihnen am nächsten Morgen als erholsamer Schlaf fehlt.
Laut einer im Auftrag der KKH-Allianz vom Meinungsforschungsinstituts FORSA durchgeführten repräsentativen Umfrage (1.014 Befragte) beklagen 50% der Deutschen Schlafprobleme aufgrund der Zeitumstellung im Frühjahr. Über Schlafrhythmusstörungen klagten 41%, wobei Frauen mit 46% deutlich häufiger betroffen sind als Männer (36%).
„Das Argument, bei der Zeitumstellung handle es sich ‚nur’ um eine Stunde, trügt“, so Roenneberg und sein Forscherteam in ihrem Fazit „Wir waren selbst überrascht, wie stark die Effekte sind. Es ist durchaus denkbar, dass die Zeitumstellung langfristig weit größere Auswirkungen hat als bisher geglaubt.“
"Ich halte sie (die Zeitumstellung) nicht nur für überflüssig, sondern auch für schädlich", ergänzt der Schlafforscher und Menschenswetter-Partnerarzt Prof. Dr. Jürgen Zulley diese Einschätzung "Es würde unserer Biologie eher entsprechen, in der Winterzeit zu bleiben."
Quellen: Kantermann, T. et al. (2007): The Human Circadian Clock's Seasonal Adjustment Is Disrupted by Daylight Saving Time. Current Biology 17(22): 1996 - 2000 Chronobiologie: Jede Zeitumstellung bringt innere Uhr durcheinander. Pressemitteilung der Ludwig-Maximilians-Universität München zu Kantermann, T. et al. 2007 Zeitumstellung: Frauen haben häufiger Probleme. Pressemitteilung der KKH-Allianz vom 22.Oktober 2012
Erstellt am 23. März 2013
Zuletzt aktualisiert am 23. März 2013

Unterstützen Sie Menschenswetter!
Die Höhe des Beitrags liegt in Ihrem Ermessen.
Winterrevival
Trotz der zwischenzeitlich sehr milden Witterung mit Frühlingsattitüde ist das typische Wetter der Saison noch wechselhaft mit konkreten Chancen auf Kälte und Schnee. Wer in den Kalender blickt wird ohnehin Aprilwetter erwarten.

Der digital Asthma-Helfer für die Tasche
Hunde senken Stress, denn sie mögen Menschen
Dem possierlichen Charme eines jungen Hundes kann sich kaum ein Mensch entziehen. Dem spontanen Impuls zu Knuddeln oder zumindest zu Streicheln mag man nicht widerstehen. Und die Mehrzahl der Hunde scheint diese Zuwendung zu genießen. Bei älteren Tieren ist dann eher die Rasse und deren Charakter relevant, ob man Körperkontakt anstrebt oder lieber auf Distanz achtet. weiterlesen...

Das Projekt Menschenswetter
Ein Bild des Partners lässt Schmerzen schwinden
Zärtlichkeit lindert Schmerzen. Dabei wird der geliebte Partner körperlich wahrgenommen, man ist der schützenden und tröstenden Gegenwart gewiss. Zudem wirkt das genau in diesem Moment ausgeschüttete Kuschelhormon Oxytocin als natürliches Analgetikum. Forscher der Justus Liebig Universität Gießen (Hessen) haben nun herausgefunden: Ein Bild vom Partner genügt, um das Schmerzempfinden zu reduzieren. weiterlesen...
Weniger Streß durch Nikotinverzicht
Wenn Raucher zur Zigarette greifen, bemühen sie oft das Argument, akuten Stress zu lindern. Sie erhoffen sich kurzfristig spürbare und langfristig wirksame Unterstützung bei der Bewältigung psychischer Belastungen. Doch die regelmäßige Intoxikation mit Nikotin verstärkt die Probleme; erst Abstinenz lässt sie (ver)schwinden.