Wetter

Stürmische Luft- und Wasserwellen

von Holger Westermann

Wind und Wellen

Mehrere Tage lag Dauerfrost über Mitteleuropa, doch die Kaltluft wurde inzwischen gänzlich verdrängt. Eine Kette von Orkantiefs zog vom Atlantik heran. Seither strömt Warmluft nach Mitteleuropa, begleitet von reichlich Regen. Selbst auf den Gipfeln der Mittelgebirge und in mittleren Berglagen der Alpen taut der Schnee. Im Tal schwellen Bäche und Flüsse an. Mancherorts schwappen die Wellen bereits über Ufer und Dämme.

Ein 25°C-Temperatursprung illustrierte den Wechsel der Großwetterlage. Von -10°C auf +15°C in zwei bis drei Tage. Für viele Menschen mit wenig robuster Gesundheit war das eine enorme Belastung. Glücklicherweise ist die aktuelle Großwetterlage stabil: in der zyklonalen Westlage (Wz) bleibt es warm und wechselhaft.

Wechselhafte Stabilität bedeutet, dass auch weiterhin mit einer dynamischen Wetterentwicklung zu rechnen ist. Vom Atlantik her ziehen immer wieder Tiefdruckgebiete heran und überqueren Großbritannien und die Ostsee in Richtung Nordrussland. Ihre Fronten streifen in weitem Bogen Mitteleuropa. Es bleibt stürmisch, nass und für Anfang Februar vergleichsweise warm.

Besonders intensiv erlebt Großbritannien die Kette von Tiefdruckgebieten. Seit Wochen regnet es dort, mancherorts seit über 85 Tage (beispielsweise in Eglwyswrw in Westwales; ausgesprochen wie Iglussuru). Unablässig zieht ein Tief nach dem anderen von Neufundland (Kanada) über Südgrönland und Island nach Europa. Über den britischen Inseln verharren die Tiefs und regnen die Feuchtigkeit ab, die sie auf ihrem Weg über den warmen Atlantik aufgenommen haben.

Eine ausgedehnte Hochdrucklage von den Azoren bis ins östliche Mittelmeer bildet die Südflanke diese West-Ost-Autobahn für Tiefdruckgebiete. So konnte sich eine starke Westströmung ausbilden, die seit Wochen gleichmäßig über den Atlantik stürmt.

Wind, der über Wasser weht erzeugt Wellen. Dabei bestimmen Geschwindigkeit, Einwirkungsdauer und Eindringtiefe des Windes an der Wasseroberfläche die Größe und die Gestalt der Wellen. Durch den Wind reibt sich die Luft an der Wasserfläche. Je stärker der Wind weht, desto größer ist die Eindringtiefe des Winddruckeffekts. Dadurch schaukeln sich die Wassermoleküle auf, sie geraten in Schwingung.

Beim Betrachten des Meeres scheinen die Wellen vorüber zu ziehen. Ein treibender Gegenstand macht jedoch schnell deutlich, dass es nur eine rhythmische Auf- und Ab-Bewegung ist. Das Wasser wird nur wenig horizontal verschoben (und kehrt dann mit einer Rollbewegung wieder an den Ausgangsort zurück).

Wind weht jedoch nicht gleichmäßig. Böen lassen Wellen von unterschiedlicher Höhe und Geschwindigkeit entstehen. Auf dem offenen Meer sind Änderungen der Windrichtung nur an Wetterfronten und in der Nähe von Gewitterwolken zu erwarten. In Küstennähe oder im Binnenland können dagegen auch aufragende Hindernisse die Windrichtung und damit die Wellenbildung beeinflussen.

Wellen unterschiedlicher Höhe und Geschwindigkeit können sich zu Riesenwellen überlagern. Wenn eine schnelle Welle (rasche Wellenperiode, Zeit zwischen zwei Wellenscheiteln) mit großer Wellenlänge (Entfernung von einem Wellenkamm zum nächsten Wellenkamm) auf eine langsame, kurze Welle aufläuft, wird die schnelle Welle gestaucht und türmt sich auf.

In tiefem Wasser kann sich eine Welle ideal, nur durch Windrichtung und Windstärke bestimmt, entwickeln. Geschwindigkeit (Wellenperiode) und Länge werden allein durch den Wind bestimmt. Je weiter der Weg einer Welle über den Ozean ist, je länger sich die Welle physikalisch optimal entwickeln kann, um so größer kann sie ein Sturm aufschaukeln. Der große Energiegehalt einer solchen Welle zeigt sich in großer Höhe, großer Geschwindigkeit und großer Länge.

In Flachwasserzonen wird die Welle dagegen abgebremst. Schnellere nachfolgende Wellen laufen auf, die Wellenhöhe (Amplitude) addiert sich. Die Wellenlänge nimmt ab und die Wellenhöhe zu. An nicht allzu flach auslaufenden Küsten entstehen so bei auflandigem Wind riesige Wellenwände. Surfer, die sich für ihren Sport hohe Wellen wünschen, bevorzugen Küsten mit einen Beach Break (oder Reef Break), einen Strand (oder Riff) an den das Küstenprofil recht steil ansteigt. Es gilt die einfache Regel: Flacher Boden = flache Welle, leicht ansteigender Boden = weiche Welle, ansteigender Boden = hohl brechende Welle. Damit ist dann auch der Schwierigkeitsgard des Wellentyps charakterisiert. Anfänger bevorzugen flache Küsten, Fortgeschrittene das schroffe Unterwasserprofil.

Derzeit drücken die Sturmfronten des Tiefs „Norkys“ vom Atlantik Riesenwellen gegen Irland und Großbritannien. Auf offener See und an den Westküsten erreichen die Wellenkämme mehr als 15 Meter. Dabei können Schiffe in Seenot geraten sowie küstennahe Straßenzüge überflutet werden.

Auch Mitteleuropa liegt im Einflussbereich der Tiefausläufer. Sturm und Regen erscheinen durch den Zustrom warmer Luft aber weniger garstig. Doch der Deutsche Wetterdienst (DWD) warnt weiter vor heftigen Niederschlägen und Starkwind (mit Sturm- und Orkanböen) entlang des Rheins, im Schwarzwald sowie im Allgäu. Schmelzwasser und Regen füllen die Rhein, Donau, Neckar und die Nebenflüsse bis an die Hochwassergrenze.

Nach Durchzug der Warmfront wird es zur Fasnet (Fasnacht, Fastnacht, Fasching, Karneval) in Mitteleuropa wieder kühler. Das Tief „Norkys“ hat sich inzwischen nach Skandinavien verlagert und führt mit seiner Kaltfront frische feuchte Meeresluft bis über die Donau. Die Schneefallgrenze sinkt auf 400m in den Mittelgebirgen und 800m in den Alpen. Es werden gebietsweise 20cm (im Schwarzwald) oder 27cm (in den Alpen) Neuschnee erwartet. Erst zum Wochenende lassen die Niederschläge nach. Am Samstag kann es sogar sonnig werden. Dann kühlt die bodennahe Luft in sternklarer Nacht aber auch stark ab, so dass auch in tiefen Lagen wieder Frost auftreten kann.

Die stürmischen Luft- und Wasserwellen beruhigen sich. Nur an den Küsten bleibt der Wind lebhaft. Den Narrenkappen in der Mitte und im Süden Mitteleuropas bleibt nach den aktuellen Prognoseberechnungen am Wochenende und am Rosenmontag Regen und Sturm erspart (im hohen Norden gibt es zwar noch verbreitet Schmuddelwetter aber nur vereinzelt Narrenkappen).

Quellen:

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Riesenwellen rollen auf Irland und Großbritannien zu! Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 01.02.2016

Dipl.-Met. Simon Trippler: Stürmische Warmluftpumpe. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 29.01.2016

Erstellt am 2. Februar 2016
Zuletzt aktualisiert am 3. Februar 2016

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