Wetter
Temperatursturz beendet den Hochsommer
In Mitteleuropa verabschiedet sich der August 2015 mit Tagesmaxima über 30°C. Von den Alpen bis in die norddeutsche Tiefebene flutet heiße Mittelmeerluft die Landschaften. Stabiles Hochdruckwetter mit nahezu wolkenlosem Himmel gewährt letzte Hochsommertage. Doch über dem Atlantik verstärkt sich derzeit eine Tiefdruckrinne und reckt sich entlang der europäischen Westküste über die Biskaya und den Ärmelkanal bis in die Nordsee. Deren Kaltfront wird ab Dienstag von Nordwesten aus über Mitteleuropa hinwegziehen. Der Wetterwechsel vollzieht sich mit großer Vehemenz, das Vorrücken dekorieren Gewitter, Regen und ein Temperatursturz um 10°C.
Der Hochsommer setzt vielerorts noch einmal ein Ausrufezeichen: Sonnenschein von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang (auch wenn diese Frist schon deutlich schindet), lange laue Abende (feuchte Luft konserviert die Wärme) und vergleichsweise frische Luft am frühen Morgen (Abkühlung während der lange Nacht), die sich aber rasch erwärmt (wolkenloser Himmel lässt viel Strahlung zum nur oberflächlich ausgekühlten Boden).
Während südlich von Main und Donau sogar nochmals 35°C möglich sind wird, bleibt es entlang der Mittelgebirge weiter nördlich und an den Küsten etwas frischer. Die Küstenregionen und das unmittelbar angrenzende Binnenland können bei wechselnder bis starker Bewölkung bereits die ersten Schauer und kräftigen Gewitter auftreten. Hier kündigt sich der grundlegende Wetterwechsel, die Änderung der Großwetterlage an.
Ein umfangreiches Hochdruckgebiet (Strömung im Uhrzeigersinn um das Zentrum) erstreckt sich vom zentralen Mittelmeer bis zum Balkan und lenkt feuchtwarme subtropische Luftmassen nach Mitteleuropa. Derweil etablierte sich eine schmale, aber langgestreckte Tiefdruckrinne (Luftströmung entgegen dem Uhrzeigersinn) vom Atlantik über die Biskaya und das Ärmelkanal bis nach Nordwestdeutschland. An sich ist diese Konstellation ein prächtige Unterstützung für den Warmlufttransport nach Mitteleuropa.
In diese Tiefdruckrinne ist eine Luftmassengrenze eingebettet, die kühle Atlantikluft über Nordwesteuropa von der sehr warmen Subtropikluft trennt. Auf der warmen Seite der markanten Luftmassengrenze entwickeln sich in warmer und sehr feuchter Luft Schauer und kräftige Gewitter. Diese Fronten erreichen gerade Nordwest- und Norddeutschland.
Die Luftmassengrenze bleibt vorerst innerhalb der Tiefdruckrinne ortsstabil und verlagert sich nur zögerlich südostwärts. So kommt der Gewitterschwerpunkt kaum voran und bleibt vorerst im äußersten Nordwesten und Norden Deutschlands. Die ortstreuen Gewitter konzentrieren heftigen Starkregen, Hagel und Sturmböen auf kleine Landstriche und können dort erhebliche Schäden anrichten. Selbst das Risiko für die Entwicklung vereinzelter Tornados ist relevant. Ansonsten bleibt der Montag in Mitteleuropa noch hochsommerlich warm und sonnig.
Ab Montagnachmittag ändert sich die Ausgangslage dann aber signifikant. Die Tiefdruckrinne gewinnt durch stärkerer Luftdruckfall innere Energie und entwickelt sich vor Ort zu einem veritablen Tiefdruckgebiet (gemeinhin ziehen hierzulande wetterbestimmende Tiefdruckgebiete über den Atlantik heran). Es verlagert sich unter weiterer Intensivierung bis Dienstagnachmittag vom Ärmelkanal über die Nordsee Richtung Südnorwegen. Aufgrund des starken Luftdruckfalls an der Südflanke baut sich über Norddeutschland ein zunehmender Luftdruckgradient (starker Luftdruckunterschied auf engem Raum) auf. Dadurch bekommt die Luftmassengrenze den notwendigen Schub, um als Kaltfront Deutschland schließlich von Nordwest nach Südost zu überqueren.
Die Luftmassengrenze mit teils schweren Gewittern zieht ab Montagnachmittag sukzessive von Nordwesten in Richtung Südosten. In dieser Zone muss weiterhin mit heftigem Starkregen, Hagel und auch schweren Sturmböen gerechnet werden. Am Mittwoch wird die Kaltfront die Alpen überströmen und Kärnten mit Gewittern überziehen, spätestens Donnerstagvormittag erreicht sie auch das Burgenland. Damit ist die hochsommerlich heiße Luft aus Mitteleuropa hinaus geschoben.
Auf der Rückseite der Kaltfront geht die Temperatur spürbar zurück. Bei kühlendem (nicht wie in den letzten Wochen oftmals Schwüle steigernden) Regen und Wind wird die gefühlte Temperatur noch tiefer sinken, als es die Thermometeranzeige vermuten lässt. Dort wird wahrscheinlich überall eine Differenz > 10°C zu den letzten Hitzetagen registriert werden. Die vergleichsweise kalten Luftmassen sind gekommen um zu bleiben, der Temperaturrückgang ist nachhaltig. Auch über die Wochenmitte hinaus bis zum nächsten Wochenende bleibt es bei oftmals weniger als 20°C (Maximaltemperatur!) und leicht wechselhaftem, zum Alpenrand hin zeitweise auch nassem Wetter unangenehm kühl.
Quellen: Dipl.-Met. Adrian Leyser: Vom Hochsommer in den Frühherbst. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 30.08.2015
Erstellt am 31. August 2015
Zuletzt aktualisiert am 31. August 2015

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