Wetter

Urlaub im Gebirge: Berg- und Talwind

von Holger Westermann

Wer sich zur Erholung in die Berge begibt, entflieht auch der Hitze im Tal. In den Städten kann es während des August, dem zentralen Monat der Sommerferien, extrem heiß werden. Gebäude geben die tagsüber gespeichert Wärme bei Nacht ab und halten die Temperatur rund um die Uhr hoch. Regenmangel verhindert das Auswaschen von Staub aus der Luft. Demgegenüber ist die Bergluft angenehm frisch, denn täglich tauscht ein abendlicher Wind die Luftmassen aus.

Während stabiler Hochdrucklagen im Hochsommer sinken Luftmassen aus großer Höhe herab und erwärmen sich dabei. Je näher die Luft dem Boden kommt, um so größer ist der Luftdruck, die Luftmassen werden zusammen gedrückt (adiabatische Kompression), der „Wind von oben“ wird dabei wärmer. Bekannt ist dieser Effekt durch den Föhn, wenn an sich kühle Luft hohe Berge hinab strömt, erwärmt sie sich mit steigendem Luftdruck - es entsteht ein warmer Fallwind.

Auch der gegenteilige Effekt lässt sich in den Bergen beobachten: Wenn im Winter die Schneekanonen die Lücken in der Piste schließen, schießt das vor Ort auf nahe 0°C gekühlte Wasser mit hohem Druck aus den Leitungen in die Windmaschine. Durch den an der Luft geringeren Druck kühlt das Wasser weiter ab (adiabatische Expansion) und so kann, unterstützt durch die Verdunstungskälte des in kalter trockener Winterluft verdampfenden Wassers, Kunstschnee erzeugt werden.

Die erfrischende Berg-Talwind-Zirkulation etabliert sich im Gebirge bei ruhigen Hochdruckwetterlagen mit intensiver Sonneneinstrahlung. Aufgrund des steilen Reliefs der Landschaft werden die Berghänge früher am Morgen beschienen als die Täler. Schon früh am Morgen sonnenbeschienene Hänge erwärmen sich rasch und damit auch die unmittelbar darüberliegende bodennahe Luft. Je nach Lage des Hangs (Orientierung zur Morgensonne), des Bewuchses (Weide oder Wald) und Bodenrelief (zerklüftet oder großflächig) erfolgt die Erwärmung dynamisch und gleichmäßig oder langsam und durch Kaltluftzuflüsse gestört. So entscheiden die speziellen Gegebenheiten am Berg, wie groß der Temperaturunterschied zwischen der Luft am Hang und der hangfernen Luft im Tal bei optimaler Hochsommer-Sonneneinstrahlung ausfällt.

Die am Hang frühzeitig erwärmte Luft ist leichter als die Talluft und steigt auf. Es entwickelt sich an jedem Sonnenscheintag ein leichter Hangaufwind mit einer Geschwindigkeit von etwa 2 bis 3 km/h. Die Luft kühlt sich beim Aufsteigen ab und sinkt über dem Ursprungs- oder Nachbartal, mancherorts auch erst im Gebirgsvorland wieder in tiefere Lagen ab. Die aufsteigende Luft muss ersetzt werden, sodass sich eine aus dem Vorland die Täler und Berghänge hinauffließende, im Tagesgang immer stärker werdende Ausgleichsströmung einstellt - der Talwind.

Die aus den Täler in die Berge strömende Luft ist oftmals vergleichsweise feucht. Wird sie empor gehoben, kondensiert die Luftfeuchte und so bilden sich bereits um die Mittagszeit über den Berggipfeln Quellwolken. Über den Tälern bleibt es dagegen wolkenlos, da sich die absinkende Luft erwärmt und dabei relativ trockener wird.

Werden die Hänge nicht mehr beschienen (spätestens nach Sonnenuntergang), kommen Hang- und Talwind allmählich zum Erliegen. Sie schlafen vorübergehend komplett ein, bevor das Windsystem in umgekehrter Richtung startet. Denn nachts kühlen sich die Berghänge und die bodennahe Luft über ihnen stärker ab als die Luft im Tal. Die nun kühlere und somit schwerere Luft fließt als Bergwind die Hänge hinab. Der nächtliche Bergwind ist meist schwächer ausgeprägt als der Talwind am Tage, mitunter ist er kaum zu spüren, sorgt jedoch am Talgrund für frische Luft. Typischerweise beginnt er zwei bis drei Stunden nach Sonnenuntergang und dauert bis kurz nach Sonnenaufgang an.

Diese Art von Zirkulation findet man nicht nur in Hochgebirgen wie den Alpen, sondern man kann sie durchaus auch in den Mittelgebirgen beobachten. Regional finden sich dann auch spezielle Bezeichnungen, wie der Wisperwind im Taunus oder der Höllentäler Wind im Schwarzwald, der als Bergwind das Stadtzentrum Freiburgs mit Frischluft versorgt.

Quellen:

M.Sc. Met. Stefan Bach: Berg- und Talwind. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 19.07.2015

Erstellt am 7. August 2015
Zuletzt aktualisiert am 9. August 2015

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