Wetter
Atmosphärische Konvergenz
Das lateinische Wort convergere (‚sich hinneigen‘, ‚zueinander neigen‘) hat eine vielfältige Karriere erlebt. In der Biologie versteht man darunter einen evolutionären Trend, der sich in mehreren Stammlinien realisierte. In der Soziologie bezeichnet man damit den Effekt, dass sich soziale Systeme an einem Modell oder Ideal orientieren und unabhängig voneinander in diese Richtung entwickeln. Sprechen Meteorologen von Konvergenz ist mit rasanter Luftmassenbewegung und Gewittern zu rechnen.
Luft kann auch mit kräftigem Druck nur in geringem Maß komprimiert (zusammengedrückt) werden. Wer das Auslassventil eine Luftpumpe mit dem Finger verschließt, kann den Kolben nur wenige Zentimeter bewegen, dann ist der Widerstand einer Flüssigkeit oder gar einem festen Körper ähnlich. Verringert man den Pressdruck, dehnt sich die Luft sogar wieder aus, der Kolben bewegt sich rückwärts.
Vergleichbare Effekte lassen sich auch in der Atmosphäre beobachten. Dort wo am Boden Luft horizontal zusammenströmt (Konvergenz), entsteht ein Überdruck. Die Luftmassen können nur vertikal (nach oben) entweichen. In höheren Schichten der Tropsophäre (etwa 10.000m) fließt die aufgestiegene Luft wieder horizontal auseinander (Divergenz). Meteorologen sprechen dann von einem Konvergenzgebiet. An schwülen Nachmittagen im Hochsommer sind das oftmals kleine Gebiete über denen sich dann Gewitterwolken türmen. Das Phänomen kann aber auch langgestreckt linienförmig auftreten. In Mitteleuropa entstehen solche Konvergenzlinien bei starker Warmluftzufuhr aus Südwesten, vor der nachfolgenden Kaltfront. Gemeinhin schiebt sich die schwerere Kaltluft unter die warme Luft und hebt sie an, sie kann das Warmluftkissen am Boden aber auch überlaufen. Dann deckelt Kaltluft die warme und oftmals feuchte Luft. Der große vertikale Temperaturunterschied erzeugt eine starke Aufwärtsbewegung innerhalb der bodennahen Luft - und zwar nicht an der Kontaktlinie zwischen warmen und kalten Luftmassen, sondern innerhalb des Warmluftbereichs. Die größte Tendenz zum Aufstieg zeigt die wärmste Luft. Hierhin konvergiert die warme Luft der Umgebung mit einer horizontalen Strömung. Der Wind weht in Richtung der Gewitterwolken, direkt darunter erscheint es nahezu windstill.
Dieser Effekt lässt sich im Sommer regelmäßig beobachten: Gewitterwolken ziehen entgegen der Windrichtung auf. Sie entstehen über punktuellen Konvergenzzonen. Die aufsteigende Luft wird horizontal aus der Umgebung auf diesen Punkt hin herangesogen. Wer das Wachsen des Wolkenturms beobachten kann, befindet sich in hinreichendem Abstand, den steten Nachschub warmer Luft als Wind in Richtung Gewitterzelle zu spüren. Parallel dazu fällt der Luftdruck rasant.
Derzeit winden sich über Mitteleuropa in kurzer Folge Konvergenzlinien. Sie treten im Zusammenhang mit der oftmals heftigen Konfrontation warmer und kalter Luftmassen auf, doch die Warm- oder Kaltfront stimuliert nur das Entstehen einer Konvergenz (oder Divergenz) am Boden. Konvergenzlinien sind aber ein Phänomen innerhalb der Luftmassen, weit vor der Grenze an der die thermischen Gegensätze aufeinander treffen. Erkennbar ist die Konvergenzlinie auf der Wetterkarte durch den typischen Luftdruckabfall in ihrem Einflussbereich, eine langgezogene Zone parallel zur Luftmassengrenze. An dieser Konvergenzlininie, nicht an der Konfrontationslinie zwischen Kalt- und Warmluft, entstehen dann die Gewitter.
Schiebt sich rasch heranströmende Kaltluft unter sehr feuchte Warmluft und hebt sie rasant in höhere Atmosphäreschichten - entstehen ebenfalls Gewitter entlang einer Linie. Dann fallen Blitz und Donner sowie Starkwindböen und Platzregen oder gar Hagelschlag jedoch mit der Konfrontationslinie zwischen kalten und warmen Luftmassen zusammen.
Quellen: Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Konvergenzlinie - Eine Linie mischt die Atmosphäre auf! Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 13.05.2015
Erstellt am 14. Mai 2015
Zuletzt aktualisiert am 14. Mai 2015

Unterstützen Sie Menschenswetter!
Die Höhe des Beitrags liegt in Ihrem Ermessen.
Zwischenfrühling
Sonnenschein, Wärme an langen lichten Tage dieser Frühlingsdreiklang lockt hierzulande in den kommenden Tagen ins Freie. Das nasskalte Wetter weicht angenehmer Witterung. Für die Mehrzahl wetterempfindlicher Menschen eine Wohltat - leider wird auch der Pollenflug stimuliert. weiterlesen...
Beschleunigte Alterung der Gehirne erwachsener Frauen nach traumatiesierender Erfahrung in der Kindheit
Erleiden Mädchen emotionale, sexuelle oder physische Gewalt, müssen sie als Frauen mit einem höheren Risiko für Depressionen, Angststörungen, Fibromyalgie, Herzkreislauf - und Stoffwechselerkrankungen leben. Forscher der Charité Berlin haben nun einen weiteren neurologischen Effekt erkannt. weiterlesen...
Schon wenig Rotwein kann massive Kopfschmerzen auslösen
Reichlich Rotwein am Abend kann morgens Kopfschmerz provozieren. Manchen Menschen leiden jedoch schon nach einem kleinen Glas oder gar einem Probierschluck Rotwein und rasch anflutenden Kopfschmerzen - nicht erst nach Stunden im alkoholvertieftem Komaschlaf, sondern unmittelbar anschließend bei hellwachem Bewusstsein. weiterlesen...
Impfsaison 2023/2024 für Menschen mit Atemwegserkrankungen
Robert-Koch-Institut (RKI) und Ständige Impfkommission (STIKO) empfehlen Menschen mit Asthma und COPD frühzeitige Impfung gegen Grippe (Influenza) und neue Corona-Varianten sowie eine Überprüfung des Pneumokokken-Schutzes zur Vorbeugung einer Lungenentzündung. Gerade in der jetzt beginnenden kalten Jahreszeit steigt neben Infektionen der oberen und unteren Atemwege auch das Risiko für spürbare Verschlechterung der Symptomatik von vorbestehenden Lungenerkrankungen. weiterlesen...
Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt Ärzte bei der Diagnose
Das Konzept der KI (im Englischen treffender als Artificial Intelligence bezeichnet) ist in der aktuell populären Version auf die Komposition von Texten optimiert. In der medizinische Diagnostik werden andere Qualitäten gefordert. Doch schon heute liefern solche Anwendungen erstaunlich kompetente Unterstützung. weiterlesen...
Wetterwechsel provoziert Migräneattacken
Befragt man Menschen, die unter Migräne leiden, werden zuverlässig bestimmte Wetterlagen oder eine besonders dynamische Veränderung des Wetters als Auslöser von Schmerzattacken genannt. Deshalb wurde dieser besondere Umwelt-Trigger schon vielfach untersucht. Neue Studien zeigen, dass es nicht die Wetterlage ist, die Schmerzattacken auslöst. weiterlesen...