Frühkindliche Konfrontation mit Allergenen schützt vor Allergie
Erdnussgenuss ist gesund
Auch wenn der Geschmack an Nüsse erinnert, botanisch betrachtet sind Erdnüsse Hülsenfrüchte und mit Erbsen, Linsen, Bohnen oder Soja verwandt. Für die Bewertung als „medizinisch wertvoll“ ist jedoch weniger die botanische Systematik relevant denn ihr Gehalt an aromabestimmenden Fetten und Ölen. Darin gleichen sie mit ihrem hohen Anteil ungesättigter Fettsäuren den gesunden aber vergleichsweise teuren Baumnüssen. Zudem konnte nun nachgewiesen werden, dass frühzeitiger Genuss zuverlässig vor einer Erdnuss-Allergie schützt.
Echte Nüsse schützen Herz und Kreislauf durch ihren hohen Anteil ungesättigter Fettsäure. So enthalten Walnüsse 73% mehrfach ungesättigte, 18% einfach ungesättigte und nur 9% gesättigte Fettsäuren. Der regelmäßige Verzehr von Walnüssen oder Nussöl reduziert die Belastung des Blutes mit LDL-Cholesterin und verringert die Herz-Kreislauf-Belastung sowie den Blutdruck, das Infarktrisiko sinkt. Zudem weisen sie einen sehr hohen Gehalt an B-Vitaminen auf, die Nervenzellen und Gehirn gesund erhalten. Davon profitiert die geistige und körperliche Leistungsfähigkeit, Konzentrationsfähigkeit und Motivationsbereitschaft nehmen zu.
Wenn Erdnüsse nun schon so ähnlich schmecken wie echte Nüsse und dieser Geschmack vorrangig durch die gesunden Fette und Öle bestimmt wird – womöglich sind dann auch Erdnüsse ähnlich gesund wie echte Nüsse; die chemische Ähnlichkeit der enthaltenen Fettsäuren ist schon länger bekannt.
Die retrospektive Auswertung von drei großen Kohortenstudien aus den USA (Southern Community Cohort Study, > 70.000 Teilnehmer) und China (Shanghai Women’s Health Study und Shanghai Men’s Health Study, gemeinsam 130.000) eines Forscherteams um Frau Prof. Dr. Xiao-Ou Shu konnte zeigen, dass Erdnüsse einen positiven Effekt auf die Gesundheit haben. Die Sterblichkeit während der Studienbeobachtung (5,4 bis 12,2 Jahre) war bei Erdnussessern deutlich geringer als bei Erdnussabstinenzlern. Je mehr und regelmäßiger Erdnüsse gegessen wurden, um so deutlicher war der Effekt (17 - 21% geringer Sterberate bei sehr hohem Konsum) - in erster Linie bei Herzinfarkten und Schlaganfällen.
Ein direkter Ursache-Wirkung-Zusammenhang (Kausalität) zwischen intensiven Erdnussgenuss und besserer Herz-Kreislauf-Gesundheit lässt sich aus der im Rahmen einer retrospektiven Kohortenstudie gefundenen Korrelation zwischen Erdnusskonsum und Sterberate nicht ableiten. Doch da für Baumnüsse und ihre Öle der kausale Zusammenhang bereits gut belegt ist, die Zusammensetzung der Fettsäuren sich ähneln und diese starke Korrelation bei so teilnehmerstarken Studien gefunden wurden – da könnte die Studie aufgrund ihrer Plausibilität durchaus überzeugen.
Eine gewichtige Bremse der Erdnusseuphorie dürfte jedoch eine unerfreuliche Eigenschaft der so gesunden ungesättigte Fettsäuren sein: Erdnüsse haben eine sehr hohe Energiedichte. Schon eine kleine Portion entspricht der Kalorienmenge einer kompletten Mahlzeit. Auch gute Fette sind Fette, die sich letztendlich auf den Hüften niederlassen.
Ein weiterer Aspekt kann den Erdnussgenuss vergällen: Erdnüsse gelten als potentielle Auslöser allergischer Reaktionen. In Westeuropa und den USA sind heutzutage rund 1 – 3 % aller Kinder in Westeuropa und den USA gegen Erdnüsse allergisch. Vor zehn Jahren war die Quote nur halb so hoch. Deshalb halten viele Eltern, insbesondere im Erdnussland USA, ihre Kleinkinder von Erdnussprodukten fern. Mit Blick auf eine kalorienreduzierte Ernährung des Nachwuchses ist das kein Fehlverhalten, zur Allergie-Prophylaxe taugt die Strategie jedoch nicht. Vielmehr reduziert sich laut einer aktuellen Langzeitstudie das Allergierisiko um 80%, wenn Kinder schon früh regelmäßig Erdnusshaltiges essen. Peanutbutter ist die beste Allergie-Prävention.
Auch wenn das Ergebnis als Auftragsarbeit amerikanischer Erdnussfarmer erscheint, die Studie wurde von Wissenschaftlern am King's College in London (Großbritannien) durchgeführt. Sie beobachteten 640 Kinder (zu Studienbeginn 4 – 11 Monate alt), die aufgrund erster Untersuchungen als hochgradig allergiegefährdet galten. 320 Kinder erhielten eine Diät, die regelmäßig Erdnussprodukte enthielt, die anderen wurden erdnussabstinent aufgezogen. Im Alter von 5 Jahren wurden alle Kinder einem umfassenden Allergietest unterzogen.
Das Ergebnis widersprach den Erwartungen der Forscher: 17,3% der Kinder ohne Kontakt zu Erdnüssen litten an einer Erdnussallergie während es in der Erdnussgruppe nur 1% der Kinder betraf. In seinem Fazit äußert sich Studienleiter Prof. Dr. Gideon Lack durchaus selbstkritisch: „Jahrzehnte lang haben Allergologen empfohlen, kleine Kinder von allen potenziell allergieauslösenden Nahrungsmitteln fernzuhalten“ doch jetzt zeige sich, „dass dieser Ratschlag falsch war." Die von Ärzten empfohlene Vorsicht können sogar schuld daran sein, dass in den letzten Jahren bei Kindern die Allergien gegen Erdnüsse und andere Lebensmittel zugenommen hätten. Es gelte nun zu erforschen, ob durch gezielte Veränderung der allergenhaltigen Diät die Ergebnisse in Hinblick auf die nachhaltige Allergievermeidung noch optimiert werden können. Denn unter den Allergien leiden Betroffene ihr Leben lang. Eine Therapie durch Hyposensibilisierung, die schrittweise gesteigerte Konfrontation mit den Allergenen, ist zwar durchaus erfolgversprechend, aber ausgesprochen zeit- und kostenintensiv. Zudem erleben die Patienten dabei oftmals auch kritische Allergie-Episoden. Ein Allergie-Prophylaxe im Kindesalter ist da sicherlich die attraktivere Alternative.
Quellen: Anagnostou, K. et al. (2014): Assessing the efficacy of oral immunotherapy for the desensitisation of peanut allergy in children (STOP II): a phase 2 randomised controlled trial. The Lancet 383 (9925): 1297–1304. DOI: 10.1016/S0140-6736(13)62301-6. Du Roit, G. et al. (2015): Randomized Trial of Peanut Consumption in Infants at Risk for Peanut Allergy. New England Journal of Medicine 372: 803 – 813. DOI: 10.1056/NEJMoa1414850 Luu, H.N. et al. (2015): Prospective Evaluation of the Association of Nut/Peanut Consumption With Total and Cause-Specific Mortality. JAMA Internal Medicine, online veröffentlicht am 05.03. 2015. doi:10.1001/jamainternmed.2014.8347
Erstellt am 12. März 2015
Zuletzt aktualisiert am 13. März 2015

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