Wetter

Himmelhellblau, Himmelgrau, Himmeldunkelblau und Abendrot

von Holger Westermann

Es ist so selbstverständlich, dass der Himmel bei Sonnenschein in hellblau erstrahlt, dass die Sonne auch sprichwörtlich „vom blauen Himmel lacht“. Wer jedoch die Bilder von der Raumstation ISS (derzeit mit dem deutschen Astronauten Alexander Gerst an Bord, der unter @Astro-Alex auch Fotos twittert) betrachtet, auf denen die Sonne zu sehen ist, erkennt schnell die Besonderheit eines blauen Firmaments: Eigentlich ist die Sonne ein weißer Lichtpunkt vor schwarzem Hintergrund, vergleichbar den Sternen (aktiv leuchtende Sonnen) oder dem Mond (Reflexion des Sonnenlichts) am Nachthimmel. Blau wird der Himmel durch die Atmosphäre der Erde.

Die schmale Gashülle der Erde besteht vor allem aus Stickstoff und Sauerstoff (N2; O2, O3). An diesen Gasmolekülen wird das Sonnenlicht auf dem Weg zum Betrachter in alle Richtungen gestreut; es fällt nicht nur auf direkter Bahn ins Augen, sondern auch als reflektiertes Streulicht. Dieser Anteil abgelenkter Lichtwellen macht den Himmel blau und verteilt die Helligkeit über das gesamte Firmament.

Physikalisch betrachtet ist das weiße Sonnenlicht eine Addition von Licht unterschiedlicher Wellenlänge, Laien sprechen von einer Mischung unterschiedlicher Farben. Dabei hat blaues Licht eine viel kürzere Wellenlänge (450 nm, Nanometer) als rotes Licht (650 nm). Der englische Physiker Lord Rayleigh (alias John William Strutt) erkannte als erster, dass die Streuung an den Gasteilchen wellenlängenabhängig ist: blaues Licht wird 16-mal stärker gestreut als rotes. Da das gesamte vom Himmel kommende Licht diffuses (gestreutes) Licht ist und das Blaue viel stärker als alle anderen Farben gestreut wird, erscheint der Himmel blau.

Doch gerade im Herbst ist der Himmel nicht zuverlässig blau, oft wirkt er trüb und grau. Das ist nicht immer ein Effekt der Wolkendecke, sondern wird oftmals durch die zahlreichen Wassertröpfchen und Staubpartikeln verursacht. Die Streuung an diesen Teilchen ist, je nach Partikel- oder Tröpfchengröße, kaum oder gar nicht wellenlängenabhängig. Ankommendes weißes Licht wird in alle Richtungen als weißes Licht gestreut. Deswegen sind Wolken meistens weiß. Erfolgt die Streuung nicht konzentriert an abgegrenzten Wolken, sondern diffus in der gesamten Atmosphäre, beispielsweise an Dunst oder Heizungsabgasen, erscheint der Himmel grau.

Ein ganz anderer Effekt zaubert rund eine Stunde nach Sonnenuntergang einen dunkelblauen Schimmer an den jungen Nachthimmel. Grund für die "blaue Stunde" ist nicht die Rayleigh-Streuung, sondern ein anderer, die Absorption von Licht durch Ozon (O3) in der Atmosphäre. Werden Ozonteilchen mit Licht bestrahlt, dann absorbieren sie den Orange- und Rotanteil des Lichts, das blaue Licht lassen sie ungehindert durch. Die Ozonschicht in 20 bis 30 km Höhe (Stratosphäre) wirkt wie ein Farbfilter. Bei Sonnenuntergang ist der Weg für das Licht durch die Ozonschicht lang genug, sodass die Absorption durch Ozon ausreicht, um den Himmel blau einzufärben.

Romantisch rotgefärbte Sonnenuntergänge entstehem wiederum durch Rayleigh-Streuung. Die dichte Atmosphäre der Erde ist wenige km dünn, der Weg bis zum Horizont, hinter dem die Sonne verschwindet, vergleichsweise lang. So muss am Abend jeder einzelne Sonnenstrahl einen deutlich längeren Weg durch die Atmosphäre zurücklegen als tagsüber. Dabei wird das kurzwellige Licht, also vor allem der Blau- und Grünanteil, so stark weggestreut, dass im Strahl, der den Betrachter am Boden erreicht, nur noch die Orange- und Rottöne übrig bleiben.

Hellblau – Grau – Dunkelblau – feuriges Rot, die Himmelsfarben begeistern nicht nur Romantiker, sondern auch Physiker, Meteorologen.

Quellen:

Praktikantin Amelie Mayer mit Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Wenn das Christkind Plätzchen backt. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 23.10.2014

Erstellt am 31. Oktober 2014
Zuletzt aktualisiert am 31. Oktober 2014

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