Wetter

Paula gewittert die Hitze beiseite

von Holger Westermann

Nach Pfingsten schwappte nun, Mitte Juli, die zweite hochsommerliche Hitzewelle über Mitteleuropa. Allerorten überstieg die Tageshöchsttemperatur die 30°C Grenze, vielerorts wurden auch 35°C überschritten. Selbst auf der Nordseeinsel Norderney wurden 34,1°C gemessen, in Niederösterreich 35,5 Grad (Waidhofen an der Ybbs). Heranströmende Kaltluft beendete die Hitze mit Getöse: Zunächst provozierte das Tief „Paula“ einzelne Hitzegewitter, dann auf breiter Linie Frontgewitter, schließlich regnet es ausgiebig.

Die meteorologischen Mechanismen sind typisch für den mitteleuropäischen Hochsommer. Sobald sich die kühlere und damit schwerere Luft am Boden ausbreitet, verstärken sich die Temperaturgegensätze. Über dem von der intensiven Sonnenstrahlung aufgeheizten Boden entstehen Warmluftblasen, die in der Kaltluft zügig aufsteigen. Am Himmel bilden sich die charakteristischen, ambosförmigen Gewitterwolken (Cumulonimbus). Diese Wärmegewitter treten auch auf, wenn sich die Luft am späten Nachmittag eines Hochsommertages abkühlt – als Effekt eines heranziehenden Tiefdruckgebietes können sie aber schon zur Mittagszeit auftreten. Wärmegewitter sind ein lokal eng begrenztes Wetterphänomen, mit Blitz und Donner, heftigen Regenschauern und wohlmöglich Hagel. Schon in unmittelbarer Nachbarschaft, nur wenige Kilometer entfernt, kann die Landschaft staubtrocken bleiben.

Rückt die Kaltluft auf breiter Front heran und schiebt sich unter die vorhandene Warmluft, entstehen entlang der Luftmassengrenze sogenannte Frontgewitter. Je nachdem wie schnell das Tiefdruckgebiet mit seiner Kaltluftfront voran kommt, bleibt es beim raschen Durchzug einer regenreichen Gewitterfront – oder es entwickelt sich ein langsam voranschreitendes Band aus Gewittern und nachfolgenden Regenwolken, dann können ganze Landstriche im Starkregen versinken

Derzeit wird das Rheinland und die Landschaft südwestlich einer Linie vom Emsland (Nordrhein-Westfalen) bis zum Bayrischen Wald von sehr kräftigen Gewittern und schauerartig verstärktem Starkregen heimgesucht. Innerhalb von 24 Stunden können 50 l/m2 fallen, mancherorts bis zu 80 l/m2.

Verantwortlich für diese Unwetter ist Tief "Paula", das sich von Nordwesteuropa südostwärts verlagert. Die Luft wird dabei entgegen dem Uhrzeigersinn um das Zentrum von "Paula" herumgeführt. So liegt der Westen und Süden Deutschlands in einer westlichen Strömung, die sehr feuchte Atlantikluft herangeführt. Deshalb toben hier auch kräftige Gewitter begleitet von intensivem Regen. In den Norden und Osten Deutschlands sowie nach Österreich fließt dagegen zunächst noch deutlich trockenere Luft ein, sodass dort das weitestgehend sonnige Hochsommerwetter etwas länger erhalten blieb.

Das Tief "Paula" ist nur wenig dynamisch, auf dem Weg nach Südosten kommt es nur sehr gemächlich voran. Für die Landschaften unter den Luftmassengrenze bedeutet das ergiebigen Dauerregen. Doch allmählich dreht die Windrichtung im Westen und Süden Deutschlands auf nördliche bis östliche Richtungen. Somit kann vor allem im Westen deutlich trockenere Luft einfließen und feuchtere nach Süden und Osten abdrängen. Bei dem aktuellen Paula-Tempo dauert es noch einige Tage bis zumindest Norddeutschland unter den Einfluss eines Hochdruckgebietes über Skandinavien kommt. Im Süden und Südosten Mitteleuropas bleibt die feuchte Luft vorerst wetterbestimmend. Dort bleibt es bei der erhöhten Gewitterneigung, bei ansteigender Temperatur wird es zunehmend schwül.

Für wetterempfindliche Menschen ist diese Wetterentwicklung kein Vergnügen. Zuerst der rasante Temperaturanstieg bei intensiver Sonnenstrahlung, dann der jähe Abfall beim Einsetzten der Gewitter, verstärkt durch den Dauerregen – und nun die Aussicht auf Schwüle unter einer geschlossenen Wolkendecke. Für Herz und Kreislauf, aber auch für die Psyche ist das eine enorme Belastung.

Quellen:

Dipl.-Met. Martin Jonas: Mit Pauken und Trompeten. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 20.07.2014

Dipl.-Met. Adrian Leyser: "Paula" hält den Süden in Atem. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 21.07.2014

Erstellt am 21. Juli 2014
Zuletzt aktualisiert am 21. Juli 2014

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