Politik und Online-Öffentlichkeit plädieren für den Verzicht auf Sommerzeit

Zeitumstellung belastet die Gesundheit

von Holger Westermann

Gerade die verschwundene Stunde im Frühling provoziert bei vielen Menschen Probleme. Diese können von Appetitlosigkeit über Schlafstörungen bis hin zu einem erhöhten Herzinfarktrisiko führen. Das sind die Ergebnisse einer Langzeitstudie (seit 2006) im Auftrag der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK).

So werden in den ersten drei Tagen nach der Zeitumstellung im Frühjahr 25% mehr Patienten mit Herz- und Kreislaufbeschwerden in Krankenhäusern aufgenommen oder vorgestellt als gewöhnlich. Wahrscheinlich führt der gestörte Schlaf-Wach-Rhythmus der Patienten zu Stress, der die Wahrscheinlichkeit für einen Infarkt ansteigen lässt. Die Verschiebung des lichten Tages gegenüber der inneren Uhr bringt den Hormonhaushalt (insbesondere Serotonin-Melatonin-Wechselspiel) der gesundheitlich vorbelasteten Menschen durcheinander. Besondere Bedeutung hat dabei der von vielen Gesunden herbeigesehnte längere lichte Abend. Bleibt die Dunkelheit aus oder verschiebt sich von einem Tag auf den anderen um eine Stunde, bleibt das belebende Serotonin aktiv und die Produktion des schlaffördernden Melatonin verzögert sich.

Menschen mit Einschlafproblemen spüren diesen Effekt besonders stark. Doch auch Gesunde haben mit den körperlichen und mentalen Folgen der Zeitumstellung zu kämpfen, zumindest klagen rund 25% der in einer älteren DAK-Studie Befragten darüber. Es dauert mehrere Tage, bei einigen Menschen auch zwei bis drei Wochen, bis sich der Tagesrhythmus umgestellt hat.

Das Deutsche Ärzteblatt erinnert an eine Studie der Pädagogischen Hochschule Heidelberg an 500 Schülern. Die 12- bis 18-Jährigen benötigten rund drei Wochen bis andauernde Müdigkeit, Konzentrationsprobleme, Motivations- und Leistungsabfall wieder verschwanden. Letztendlich leiden Jung und Alt, die besonders auf guten Schlaf angewiesenen Kinder und Jugendlichen wie auch die mit fortschreitender Biographie häufiger in ihrer Gesundheit angegriffenen Senioren, besonders intensiv unter den Folgen der Zeitumstellung.

Immer mehr Menschen fragen sich, ob der längere Feierabend bei Sonnenschein diese Belastung rechtfertigt. Rund 70% der Deutschen sprechen sich für die Abschaffung der Sommerzeit aus. In Österreich wurde von den Grünen bereits 2011 eine Petition zur Aussetzung der Sommerzeit angeregt, in Deutschland endete gerade eine vergleichbare Petition mit mehr als 50.000 Unterstützern. Prominenteste Politikerin, die sich dieses Anliegen zu eigen macht, ist Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse Aigner (CSU). Sie dämpft jedoch die Hoffnungen auf eine schnelle Lösung des Problems, denn ein Verzicht auf die Zeitumstellung sei nur gemeinsam mit den europäischen Partnern möglich – und somit sicherlich nicht kurzfristig zu erreichen.

Damit die Frühjahrs-Zeitumstellung, eine Stunde weniger (!) in der Nacht vom Samstag auf Sonntag, für die Gesundheit keine allzu große Belastung wird, hier vier Tipps:

  • Bereits ein paar Tage vor der Zeitumstellung immer etwas früher zu Bett gehen und auch die Mahlzeiten früher als gewohnt einnehmen. So vermeiden Sie Appetitlosigkeit zur Mittagszeit und Heißhunger am Nachmittag oder Abend.
  • Verzichten Sie an den ersten Tagen nach der Umstellung auf den Nachmittagskaffee oder trinken Sie ihn frühzeitig nach dem Mittagessen. Dann fällt abends das Einschlafen leichter.
  • Bewegung bei Licht und frischer Luft, beim Spazierengehen oder Joggen, hilft die innere Uhr zu justieren. Zudem unterstützen Muskelaktivität und verbesserte Sauerstoffversorgung die Schlafqualität.
  • Gehen Sie frühzeitig ins Haus, auch wenn es draussen noch hell ist. Selbst bei bewölktem Himmel ist das hormonregulierende Licht abends noch intensiver als elektrische Wohnzimmerbeleuchtung.

 

Quellen:

DAK: Zeitumstellung im Frühling erhöht Herzinfarktrisiko. Deutsches Ärzteblatt, online veröffentlicht am 24.03.2014

DAK-Analyse: Mehr Herzinfarkte durch Zeitumstellung. Pressemitteilung der DAK, online veröffentlicht am 24.03.2014.

Eine gute Zusammenstellung der Gründe gegen die Zeitumstellung listen auch die bereits geschlossenen Online-Petitionen

 

Erstellt am 25. März 2014
Zuletzt aktualisiert am 25. März 2014

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