Keinen Einfluss hat das Wetter darauf, um welche Uhrzeit telefoniert wird

Bei schlechtem Wetter klingelt das Handy häufiger

von Holger Westermann

Wolken, Regen oder Schnee: Das Wetter verbreitet triste Stimmung und lässt die Menschen frösteln. Damit wieder Wärme in Körper, Geist und Seele strömt kann man die Heizung hochdrehen, einen Tee genießen – oder zu Telefon greifen. Soziale Wärme durch Konversation kompensiert die kalte Witterung. Ein Forscherteam aus Großbritannien hat untersucht, wie das Wetter die Telefongewohnheiten beeinflusst.

Wissenschaftler der Newcastle University haben herausgefunden, dass die aktuelle Wetterlage bestimmt, wen die Menschen anrufen und wie lange sie telefonieren. Wird das Wetter nass, kalt und windig (oder extrem heiß und schwül) nimmt die Länge der Telefonate zu, aber die Anzahl der Anrufe ab. Das ist allein noch nicht erstaunlich, denn wenn die einzelnen Gespräche länger dauern bleibt weniger Zeit für andere Telefonate. Doch auch die Auswahl der Angerufenen ändert sich mit dem Wetter. Bei ungemütlichen Witterungsverhältnissen wird in erster Linie der telefonische Kontakt zu engen Freunde oder Familienangehörigen gesucht. Besonders bei Minusgraden dauert das Telefonat dann auch mal länger, die Gesprächszeit wird um durchschnittlich sechs Minuten ausgedehnt.

Das Mobiltelefon ist für viele Menschen die zentrale Kommunikationsplattform, ein großer Teil der Unter-40-Jährigen nutzt für Privatgespräche ausschließlich das Handy. Für Kommunikations-, Sozial- und Verhaltensforscher ist es deshalb zum idealen Datenrekorder für soziale Beziehungen geworden. „Das ermöglicht uns menschliches Verhalten und soziale Dynamiken zu studieren“, erklärt der Studienleiter Dr. Santi Phithakkitnukoon. Der Informatiker analysiert mit seinen Kollege 53,2 Millionen anonymisierte Telefonate von mehr als eine Millionen Handynutzer aus Portugal.

Die Wissenschaftler unterschieden dabei zwei Typen von Gesprächspartnern: enger Sozialkontakt und geringer Sozialkontakt. Dabei gingen die Forscher von der Annahme aus, dass bei engerem Sozialkontakt die Telefonnummer über einen längeren Zeitraum hinweg mehrmals angerufen wird und von dieser Telefonnummer auch Rückrufe empfangen werden. Im anderen Fall wurde von einer geringen sozialen Bindung zwischen den Gesprächspartnern ausgegangen. "Dadurch lassen sich geschäftliche Anrufe herausfiltern", erklärt Phithakkitnukoon, "weil man da häufig nicht zurückgerufen wird."

Neben dem Wetter gibt es sicherlich weitere äußere Faktoren, die das Telefonverhalten beeinflussen, schreibt Dr. Phithakkitnukoon in seiner Veröffentlichung. Gerade jetzt, in der Adventszeit und sicherlich auch an Weihnachten und zu Sylvester oder Neujahr sind Telefonate innerhalb der Familie und im Freundeskreis häufiger und werden intensiver geführt als zu anderen Jahreszeiten – und gerade jetzt ist es draußen ungemütlich, kalt und nass. Richtig ist aber, dass durch ein Telefonat nicht nur der Anrufer etwas Gutes für sich tut, auch wenn er die Initiative ergriffen hat. Auch der Angerufene freut sich zumeist, gerade bei garstigem Wetter wärmt diese nette Geste das Gemüt.

Quellen:

Phithakkitnukoon, S. et al. (2012): Socio-Geography of Human Mobility: A Study Using Longitudinal Mobile Phone Data. PLoS One 7(6): e39253.

Erstellt am 7. Dezember 2012
Zuletzt aktualisiert am 7. Dezember 2012

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