Wetter

Zweierlei Frost

von Holger Westermann

Die christliche Fastenzeit begann vielerorts spektakulär, mit Sturm und Regen oder Schnee. Von einem Tag auf den anderen sank die Mittagstemperatur um fast 10°C und in ungünstigen Lagen breitete sich wieder Frost und sogar Straßenglätte aus. Wenige Tage zuvor war es zur Mittagszeit noch sonnig und warm, am frühen Morgen aber ebenfalls frostig-kalt.

Derzeit hat das Wetter die Wahl zwischen Teufel und Beelzebub, zwischen Tiefdruck- und Hochdruck-Frost. Zieht vom Atlantik her ein Tiefdruckgebiet heran (Luftströmung entgegen dem Uhrzeigersinn um das Zentrum) streift zunächst die Warmfront über Mitteleuropa. Dabei werden mit einer zunächst südwestlichen, später südlichen Strömung milde oder gar warme Luftmassen vom subtropischen Atlantik oder über das Mittelmeer aus Nordafrika heran geführt. Im Sommer kann die Luft aus Afrika auch sehr heiß sein. Die nachfolgende Kaltfront lenkt dann jedoch von Nordwesten polare Luftmassen nach Mitteleuropa. Der Temperaturwechsel ist markant und erfolgt von einem Tag auf den anderen, manchmal stürmisch und innerhalb von Stunden, oft begleitet von Gewittern.

Dabei sind zum Winterausklang auch überraschende Frosteinbrüche möglich. Der noch kühle Boden kann keinen Beitrag zur Erwärmung der Luft leisten. Frostkalte und damit schwere Luft strömt heran und schiebt sich unter wärmere Luftmassen. Dabei wird die feuchtwarme Luft angehoben und in höheren, kälteren Atmosphäreschichten kondensiert die Luftfeuchte zu kleinen Wassertröpfchen - es bilden sich Wolken aus denen es alsbald regnet oder schneit. Dabei kühlt sich die Luft weiter ab, die Frostgefahr steigt.

Ganz anders verläuft die Abkühlung bei Hochdruckwetterlagen. Hier unterbleibt ein dynamischer Luftmassenaustausch, es ist weitgehend windstill. Absinkende Luft erwärmt sich, das der Luftdruck am Boden höher ist als in darüber liegenden Atmosphäreschichten. Höherer Druck bedeutet eine größere Wahrscheinlichkeit der Kollision von Luftmolekülen und damit mehr Wärme. Bei wolkenlosem Himmel erwärmt die Sonnenstrahlung den Boden und damit indirekt die bodennahe Luft.

In sternklaren Nächten kühlt der Boden dann wieder aus. Wenn keine Wolkenschicht die Abstrahlung der Wärme hindert, entweicht die Wärme ins Weltall; dort ist es unter -270°C kalt. Selbst eine sehr niedrige Temperatur ist demgegenüber noch eine Wärmequelle. Je weniger Wärme der Boden nachliefern kann und je länger die Nächte ohne Sonnenstrahlung sind, um so intensiver kann der Boden auskühlen. Ein weiterer Aspekt sind die thermischen Eigenschaften des Erdbodens. Böden mit guter Wärmeleitfähigkeit können am Tage entsprechend viel Wärme aufnehmen und ein Energiereservoir bilden.

Schlecht wärmeleitende Böden speichern wenig Wärme und kühlen deshalb sehr viel rascher aus. Die Tag-Nacht-Temperatur-Schwankungen sind dann sehr viel drastischer als bei Böden mit guter Wärmespeicherfähigkeit. Prinzipiell leiten mineralische Böden (z.B. Ton, Lehm) die Wärme besser als organische, stark humushaltige Böden (Moor, Torf). Feuchte Böden leiten besser als trockene und feste, unbearbeitete Böden sind bessere Wärmeleiter als bearbeitete, lockere Böden.

Da kalte Luft schwerer ist als wärmere, fließt sie wie eine Flüssigkeit über die Landschaft und sammelt sich in geschlossenen Tälern oder in Senken. Dieser Effekt tritt bei Tiefdruck-Frost mit dynamischer Luftdurchmischung nicht auf, ist aber bei Hochdruck-Frost üblich. Gut sichtbar an der eng damit verbundenen Nebelbildung. In solchen Kältekulen kann sich Glatteis bilden, selbst wenn die Straßen ansonsten trocken und griffig sind.

Generell gilt, dass Hochdruck-Frost am frühen Morgen auftritt, wenn die Abkühlung während der Nacht ihr Maximum erreicht. Da dann tagsüber zuverlässig die Sonne scheint, ist der Temperaturgang innerhalb eines Tages groß und wiederholt sich häufiger (je nachdem wie lang die Wetterlage stabil bleibt). Bei Tiefruck-Frost ist der Temperaturabfall ein einmaliges Ereignis - je Tiefdruckgebiet, dessen Kaltfront über Mitteleuropa hinweg zieht.

Quellen:

Dipl.-Met. Thomas Ruppert: Spätwinterliche Nachtfröste. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 25.02.2017

Dipl.-Met. Christoph Hartmann: Ist denn schon Sommer? Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 28.02.2017

Erstellt am 2. März 2017
Zuletzt aktualisiert am 2. März 2017

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