Wetter

Mächtige Gewitter mit Overshooting Top

von Holger Westermann

Zwei Szenarien provozieren Gewitter: Stehende Hitze unter sommerlichen Hochdruckgebieten oder dynamisches Zusammentreffen von warmen und kalten Luftmassen. Beide Szenarien begünstigen eine rasante Aufwärtsbewegung feuchtwarmer Luft, die letztendlich Gewitterwolken entstehen lässt. Überschießendes Aufwärtsstreben erkennen Meteorologen als Overshooting Top.

Hochsommerliche Wärmegewitter entstehen, wenn intensive Sonnenstrahlung den Boden stark erhitzt, an manchen Stellen stärker als in unmittelbarer Umgebung. So wird auch die direkt darüber liegende Luft ungleichmäßig erwärmt, es bilden sich Warmluftblasen. Die Luft darin ist weniger dicht (größerer Abstand der Luftmoleküle untereinander), also leichter als die Umgebungsluft. Die Temperaturdifferenz ist am größten, wenn am Nachmittag die Sonne bereits Strahlungsintensität eingebüsst hat. Luft über effektiven Wärmespeichern erhitzt sich weiterhin, während ansonsten bereits Abkühlung eintritt. So treten im Sommer Wärmegewitter vornehmlich am späten Nachmittag auf. Ein aufsteigende Warmluftblase verursacht am Boden einen Unterdruck - sie reisst also weitere Warmluft mit nach oben und verstärkt so die Aufwärtsbewegung. Zieht ein Wärmegewitter auf, weht der Wind immer in Richtung des Gewitters.

Ganz anders entwickelt sich die Aufwärtsbewegung der Warmluft in Frontgewittern. Zieht eine Kaltfront heran, schiebt sich die kalte und damit vergleichsweise schwere Luft unter die Warmluft und hebt sie an. Zieht eine Warmfront heran, gleitet sie auf das Kaltluftkissen auf und wird dabei angehoben. Je dynamischer die Kollision der Luftmassen verläuft und je größer die Unterschiede in Temperatur und Luftfeuchte sind, um so spektakulärer ist die Wolkenbildung und um so größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich Gewitter entwickeln. Solche Frontgewitter sind hierzulande typisch für das späte Frühjahr, wenn ein hoher Sonnenstand die Luft über der mitteleuropäischen Landschaft bereits gut erwärmt, aber immer wieder polare Kaltluft heranströmt. Oder wenn nach längerer Regenperiode Südwind Saharaluft über die bodennahe Kaltluft schichtet.

Ob Warmluftblase oder Luftmassenkollision die Aufwärtsbewegung der feuchtwarmen Luft initiiert, an der Tropopause endet sie - zumeist. Die Tropopause trennt die Troposphäre, den unteren Teil der Atmosphäre in dem sich das Wetter abspielt von der Stratosphäre. An den Polen liegt sie bei 8.000m Höhe am Äquator bei etwa 15.000m. Typisch für die Tropopause ist der Wechsel im Temperaturgradienten; in der Troposphäre sinkt die Temperatur mit ansteigender Höhe (um 0,65°C je 100m) und erreicht in der Tropopause etwa -50°C. In der Stratosphäre ist der atmosphärische Temperaturgradient erst neutral (Temperatur bleibt bei -50°C stabil) und anschließend positiv (bis ca. 0 °C in Höhe der Stratopause = 50.000m). Die Tropopause markiert den Abschluss des Temperaturabfalls der unteren Atmosphäre.

Aufsteigende Warmluft beschleunigt sich, da mit zunehmender Höhe die Umgebungsluft immer kälter wird. Selbst wenn die umgebende Kälte die Luft stark abkühlt, die Luftschicht darüber ist immer noch ein klein wenig kälter und der Aufstieg kann weiter gehen. Doch an der Tropopause stoppt der Effekt. Die Warmluft steigt nich weiter auf, sondern verteilt sich unmittelbar unterhalb des Tropopausen-Deckels in der Breite: Es entsteht die typische Ambossform hoch aufragender Gewitterwolken.

Je stärker die Aufwinde wirken, desto breiter ist der obere Ambossarm und desto kräftiger und organisierter ist das Gewitter. Starke Aufwinde können auch große Hagelkörner noch einmal empor schleudern, die beim erneutem Absinken in feuchter Umgebung weiter wachsen. Für die Unwetterwarnung ist daher die Vehemenz der Aufwinde in den Gewitterwolken ein wesentliches Kriterium. Besonders spektakulär sind Gewitter, deren Aufwinde die Tropopause durchstoßen und kurzzeitig bis in die untere Stratosphäre reichen. Dieses Überschießen und der in die Stratosphäre reichende Aufwind bezeichnen Meteorologen als overshooting top. Ein ästhetisch ansprechendes Warnsignal: Wenn sich über der scharf abgegrenzten oberen Ambossfläche einer Gewitterwolke an zentraler Position noch eine kleine Wolkenkuppel wölbt.

Quellen:

Dipl.-Met. Helge Tuschy: Wenn ein Gewitteraufwind über das Ziel hinausschießt. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 17.05.2016

Erstellt am 20. Mai 2016
Zuletzt aktualisiert am 20. Mai 2016

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