Therapie-Leitlinien finden nur unzureichend Beachtung

Hausärzte ignorieren Migräne-Prophylaxe

von Holger Westermann

Doch die akuten Kopfschmerzen therapieren sie wie es die nationalen medizinischen Leitlinien empfehlen, aber nur bei der Hälfte ihrer Patienten. Eine Studie niederländischer Forscher deckt umfassende Defizite bei der hausärztlichen Betreuung von Migränepatienten auf, sowohl bei der Behandlung von Begleitsymptomen der Migräne als auch bei der Prophylaxe.

Für die aktuelle Studie wählten die Forscher unter 909 erwachsenen Patienten mit chronischem Kopfschmerz insgesamt 420 Migränepatienten aus (329 Frauen, 91 Männer, Durchschnittsalter 39,6 Jahre), rund zwei Drittel gingen einem Beruf nach oder befanden sich in der Ausbildung. Weniger als die Hälfte der Patienten litt unter Migräne mit Aura (41,2%), mehr als zwei Drittel (70,2%) litten unter zwei  oder mehr Attacken im Monat (durchschnittlich).

Nur rund die Hälfte der Patienten erhielten gegen akute Attacken von ihren Hausärzten Triptane (51,7%). Insbesondere Patienten mit einer ausgedehnten Leidenserfahrung und einer lang zurückliegenden Migränediagnose wurden entsprechend den Empfehlungen der medizinischen Fachgesellschaften mit adäquaten Schmerzmitteln versorgt. Im europäischen Vergleich ist das noch eine sehr gute Quote. Doch im Umkehrschluss bedeutet dies, dass fast die Hälfte der Patienten keine hochwirksamen Medikamente gegen den akuten Kopfschmerz bekamen, obwohl ihre Migräneerkrankung bekannt war. Das Argument, eine Medikamentenabhängigkeit vorzubeugen und deshalb auf Triptane zu verzichten konnte nicht gestützt werden: Nur 3,3% der Patienten zeigte einen übermäßigen Gebrauch von Triptanen, während 7% der Betroffenen einen anderweitigen Medikamentenmissbrauch zeigten.

Bei der Behandlung von Begleitsymptomen der Migräne, beispielsweise Erbrechen, zeigten sich die Hausärzte noch stärker zurückhaltend, bemängelten die Forscher in ihrer Studie. Offen kritisiert haben sie, dass selbst unter den Migränepatienten, die durchschnittlich zwei oder mehr Attacken pro Monat erleiden, nur 18,3% eine Behandlung zur Migräne-Prophylaxe erfahren. Die Autoren der Studie sind sich sicher, dass durch eine verbesserte Weiterbildung der Hausärzte die Häufigkeit von Attacken reduziert und die akuten Beschwerden während einer Attacke gelindert werden könnten.

Quellen:

Zielmann, R. et al. (2012): How general practitioners treat migraine patients: evaluation of a headache guideline. Cephalalgia 32(12): 908-915

Erstellt am 21. Januar 2013
Zuletzt aktualisiert am 22. Januar 2013

Unterstützen Sie Menschenswetter!

Die Höhe des Beitrags liegt in Ihrem Ermessen.

Weitere Informationen...

 3 Euro    5 Euro    12 Euro  
 Betrag selbst festlegen  

Gesundheitsrisiko Temperatursturz im April

Nach einer rekordverdächtigen Warmwetterphase von Februar bis Mitte April, ist jetzt das kühle wechselhafte April-Wetter mit Wind, Regen und vereinzelt auch Schneefall zurück. Der Temperatursturz um 15 bis 20°C ist an sich schon ein Gesundheitsrisiko, doch die physiologische und psychologischen Herausforderungen sind diesmal besonders drastisch. weiterlesen...


Admarker

Der digital Asthma-Helfer für die Tasche

Breazy Health


Schon wenig Rotwein kann massive Kopfschmerzen auslösen

Reichlich Rotwein am Abend kann morgens Kopfschmerz provozieren. Manchen Menschen leiden jedoch schon nach einem kleinen Glas oder gar einem Probierschluck Rotwein und rasch anflutenden Kopfschmerzen - nicht erst nach Stunden im alkoholvertieftem Komaschlaf, sondern unmittelbar anschließend bei hellwachem Bewusstsein. weiterlesen...


Impfsaison 2023/2024 für Menschen mit Atemwegserkrankungen

Robert-Koch-Institut (RKI) und Ständige Impfkommission (STIKO) empfehlen Menschen mit Asthma und COPD frühzeitige Impfung gegen Grippe (Influenza) und neue Corona-Varianten sowie eine Überprüfung des Pneumokokken-Schutzes zur Vorbeugung einer Lungenentzündung. Gerade in der jetzt beginnenden kalten Jahreszeit steigt neben Infektionen der oberen und unteren Atemwege auch das Risiko für spürbare Verschlechterung der Symptomatik von vorbestehenden Lungenerkrankungen. weiterlesen...


Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt Ärzte bei der Diagnose

Das Konzept der KI (im Englischen treffender als Artificial Intelligence bezeichnet) ist in der aktuell populären Version auf die Komposition von Texten optimiert. In der medizinische Diagnostik werden andere Qualitäten gefordert. Doch schon heute liefern solche Anwendungen erstaunlich kompetente Unterstützung. weiterlesen...


Wetterwechsel provoziert Migräneattacken

Befragt man Menschen, die unter Migräne leiden, werden zuverlässig bestimmte Wetterlagen oder  eine besonders dynamische Veränderung des Wetters als Auslöser von Schmerzattacken genannt. Deshalb wurde dieser besondere Umwelt-Trigger schon vielfach untersucht. Neue Studien zeigen, dass es nicht die Wetterlage ist, die Schmerzattacken auslöst. weiterlesen...