Wetter

Regen auf Spitzbergen, Schnee in der Sahara

von Holger Westermann

Das Wetter während der ersten Januarhälfte 2018 war für Meteorologen interessant, für andere skurril, für Wintersportler frustrierend jedoch für Jogger animierend und für wetterempfindliche Menschen erholsam. Doch nun kommt wieder typisches Winterwetter mit Frost, Schneefall und Orkanböen nach Mitteleuropa zurück.

Ursache für das hierzulande ungewohnt milde Januarwetter verbunden mit Kälte in Südeuropa und Nordafrika war das umfangreiche Hochdruckgebiet „Borchert“ über der Nord- und Ostsee das sich weit nach Mittel- und Südeuropa erstreckte. Dessen Luftströmung im Uhrzeigersinn um das Hochdruckzentrum transportierte mit einer kräftigen Südströmung feuchtwarme Meeresluft von den Azoren nordwärts - bis nach Spitzbergen. Unterstützt wurde der Warmlufttransfer durch ein Sturmtief über dem Nordatlantik (Luftströmung entgegen dem Uhrzeigersinn um das Zentrum). Wo gemeinhin Winterkälte Schneefall garantiert regnete es nun ausgiebig; rund 40 Liter pro Quadratmeter in zwei Tagen, gewöhnlich fallen im gesamten Januar nicht mehr als 20 Liter Niederschlag (Schnee und Regen).

An der Südostflanke von „Borchert“ führte die Luftströmung im Uhrzeigersinn dagegen kühle Festlandsluft aus Russland heran. Südlich der Alpen bis nach Südspanien und an der nordafrikanischen Küste wurde es ungewöhnlich kühl, sogar frostig. Mit der langsamen aber stetigen Ostverlagerung des Hochdruckgebiets wurde der Weg frei für den Vorstoß von Tiefdruckgebieten an der Südflanke auf Höhe des Mittelmeers. Damit kamen Niederschläge auf, die gebietsweise als Schnee fielen. Es drückt kalte feuchte Luft über dem Atlasgebirge zusammen. In der algerischen Stadt Ain Séfra im Atlasgebirge (35.000 Einwohner, 1.000m Höhe) fiel in der Nacht zum 7. Januar rund 40cm Neuschnee. Auch auf den weiten Sanddünen der Sahara blieb kurzzeitig Schnee liegen und lockte viele Menschen zu ungewohntem Winter-Wüsten-Vergnügen.

Tiefdruckgebiete, die über das Mittelmeer ostwärts zogen schoben feuchte Atlantikluft über das Kaltluftpolster, deren Niederschlag als Schnee den Boden erreichte. Im Südschwarzwald und an der Südseite der Alpen schneite es in den Staulage erheblich, an der Alpennordseite entwickelte sich kräftiger Föhn. Doch die verkehrte Wetterwelt in Europa und Nordafrika war lediglich ein kurioses Intermezzo. Derzeit stellt sich die Großwetterlage wieder auf normalen Winter um. In Südosteuropa erwärmt sich auf moderates Niveau und Spitzbergen wird wieder von arktischen Luftmassen geflutet.

Auch hierzulande hat sich die Luft bereits merklich abgekühlt. Der Rückzug des Hochs „Borchert“ nach Osteuropa gibt für die Orkantiefs den Weg frei vom Atlantik über Mitteleuropa zu ziehen. Der erste Vorstoß bleibt noch glimpflich, da zunächst die recht warme Luft beiseite geschoben werden muss. Fällt Niederschlag aus den Wolken durch warme Luft am Boden, schmilzt er zu Regen. Liegt frostig kalte Luft über der Landschaft wandelt sich das Szenario. Die erste Front eines Tiefdruckgebiets ist immer die Warmfront, deren Luft (im Vergleich zur Kaltluft, die nur wenige Luftfeuchte speichern kann) leicht und feucht ist. Diese Warmluftfront gleitet auf das Kaltluftpolster am Boden auf und wird dabei angehoben und infolgedessen in höheren Atmosphäreschichten abgekühlt. Die Luftfeuchte kondensiert und fällt als Schnee - der auf seinem Weg zum Boden ausschließlich frostig kalte Luft durchquert und daher nicht schmilzt, sondern als Flocken erhalten bleibt.

Genau diese winterwettertypische Regen-Kaltluft-Sturm-Schnee-Wetterlage zieht in den kommenden Tagen über Mitteleuropa hinweg. In höheren Lagen oberhalb 400 bis 600m muss mit erheblichen Schneemengen gerechnet werden; aufgrund des orkanartigen Sturms (in Gipfellagen auch Orkan) auch mit starken Schneeverwehungen. In den Tieflagen mischt sich Graupel unter den Regen. Aufgrund des starken Sturms (an den Küsten auch Orkan) sinkt die gefühlte Temperatur jedoch auch hier deutlich unter den Gefrierpunkt. Für wetterempfindliche Menschen sind das garstige Verhältnisse, die den Aufenthalt im Freien vergraulen. Schon der Blick aus dem Fenster kann frösteln provozieren. Für Menschen, die unter Muskelverkrampfungen oder Gelenkschmerzen leiden ist es sinnvoll notwendige Wege, beispielsweise Einkäufe, frühzeitig zu erledigen. Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten bei dieser Witterung körperliche Anstrengungen im Freien meiden, da bei der sehr niedrigen gefühlten Temperatur das Infarktrisiko steil ansteigt.

Quellen:

MSc.-Met. Thore Hansen: Regen auf Spitzbergen, Schnee in Südosteuropa. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 12.01.2018

MSc.-Met. Sebastian Schappert: Wo steckt der Schnee im neuen Jahr? Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 13.01.2018

MSc.-Met. Thore Hansen: Auf die Ruhe folgt der Sturm. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 14.01.2018

Mag.rer.nat. Florian Bilgeri: Der Stau der Berge. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 15.01.2018

Erstellt am 15. Januar 2018
Zuletzt aktualisiert am 15. Januar 2018

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