Wetter

Frostige Wetterwende

von Holger Westermann

Warmer Wind und Sonnenschein vertrieben die polare Kaltluft und schmolzen den Schnee bis auf mittlere Höhen der Alpen und die Gipfellagen hochragender Mittelgebirge. „Novembersommer“ oder, noch präziser prognostiziert, „Martini-Sommer“ (St. Martin Tag 11.11.) nennen Meteorologen solche mehrtägigen, aber letztendlich doch nur kurzzeitig wirksamen Wärmeepisoden im Herbst. Danach fühlt sich das normale Spätherbstwetter besonders artig an. Nun wird man sich daran gewöhnen müssen.

Thermometerwerte zwischen 14 und 19°C, mancherorts auch über 20°C wurden bei Sonnenschein und warmem Wind sogar noch wärmer empfunden. Vereinzelt konnte man Menschen in sommerlicher Garderobe spazieren sehen. Der nasskalte Wintereinbruch mit Schnee, Sturm und Dauerregen lag erst wenige Tage zurück, da lockte frühlingshaftes Wetter oder ein letzter Gruß des Goldenen Herbstes in Freie. Mancherorts erreichte die Temperatur Novemberrekordwerte.

Völlig außergewöhnlich ist eine Wärmeperiode Mitte November allerdings nicht. Gerade in der Schweiz, Österreich und Süddeutschland ist der Martini-Sommer ein immer wiederkehrende Wetterphänomen. Einerseits sind dies (mit Ausnahme weiter Regionen der Schweiz) traditionell katholische Regionen, da fällt den Menschen die Verknüpfung mit den Namenspatron am Übergang von der ersten zur zweiten Novemberdekade (Zehn-Tage-Periode) leicht. Die Erinnerung an Sankt Martin ist aber auch in protestantischen oder calvinistischen Regionen populär. Selbst Heiden kennen die Geschichte vom großherzigen Soldaten, der seinen Mantel teilt, um einem Bedürftigen zu helfen (römische Soldaten mussten ihre Ausrüstung zur Hälfte selbst bezahlen, deshalb konnte er über den halben Mantel verfügen). Noch während seines Militärdienstes wurde er im Jahr 361 n.Chr. (36 Jahre alt) getauft und bereits 372 zum dritten Bischof von Tours (Frankreich) geweiht. Eine sehr dynamische Karriere, insbesondere für einen Quereinsteiger in die theologischen Hierarchie.

Der Legende nach soll auch der meteorologische Martini-Sommer eng mit dem historischen Bischof von Tours verknüpft sein. Erstmals sei dieses Wetterphänomen beim Tod des heiligen Martin aufgetreten sein. Er starb unerwartet (ohne vorher krank oder auffallend gebrechlich gewesen zu sein) am 8. November 397 im Alter von 81 Jahren auf einer Visite in Candes und wurde am 11.11. beigesetzt. Bei der Überführung seines Leichnams auf der Loire in die Stadt sorgte ein plötzlicher Wärmeeinbruch dafür, dass die Ufer neu ergrünten und Obstbäume zu blühen begannen. Dieser Vorgang wurde damals als übernatürliches Wunder angesehen. Seither ist der „Martin-Sommer" die Zeit der letzten warmen Tage kurz vor der dunklen Winterzeit.

„Letzte Tage“ die „kurz vor“ dem kalten Winter auftreten beschreibt die aktuelle Entwicklung trefflich. Nun zieht von Nordwesten Regen auf und kündigt eine grundlegend veränderte Wetterlage an. Zunächst schieben die Fronten eines Tiefs die Warmluft ostwärts beiseite, dann strömt zwischen dem Tiefdruckwirbel über Skandinavien (Luftströmung entgegen dem Uhrzeigersinn um das Zentrum) und zwei Hochdruckzonen über Westeuropa und über dem Ostatlantik vom  Nordmeer über die Nordsee hinweg Polarluft heran. Die Menschen hierzulande erleben - wieder einmal zum Wochenende - einen veritablen Temperatursturz. Am Sonntag werden Tagesmaxima von 2 bis 8°C erwartet (nach 20°C zwei Tage zuvor). Nachts und am frühen Morgen muss mit Frost gerechnet werden.

Für wetterempfindliche Menschen ist der rasche Temperaturwechsel eine ernsthafte Gesundheitsbelastung. Menschen mit Herz-Kreislauf-Beschwerden sollten körperliche und mentale Anstrengungen meiden, das sich bei Kälte die Adern zusammen ziehen und infolgedessen der Blutdruck zusätzlich ansteigt. Menschen mit Atemwegserkrankungen müssen die kalte Luft fürchten, da sie Verkrampfungen auslösen kann. Auch bei Menschen mit Muskel- und Gelenkschmerzen können sich die Beschwerden verstärken.

Quellen:

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Auf den "Martinssommer" folgt erneut die kalte Schulter des Frühwinters! Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 23.11.2017

Erstellt am 24. November 2017
Zuletzt aktualisiert am 24. November 2017

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