Wetter

Frühzeitige Nebel

von Holger Westermann

Frühzeitige Nebel

Wenn es nicht regnet, legt sich morgens Nebel über die Landschaft. Im Spätsommer ist das zunächst nur episodisch und von kurzer Dauer, je näher die Tagundnachtgleiche rückt, um so häufiger und anhaltender ist das Phänomen zu beobachten. Im Herbst verhüllen die Nebel das Tageslicht bis zum Nachmittag oder sie erscheinen schon während des Sonnenuntergangs über Wiesen, Wäldern oder Gewässern.

Wenn die lichten Tage kürzer werden und selbst zur Mittagszeit die Sonne nicht mehr hoch am Himmel steht, schwindet die tagsüber wirksame Sonnenstrahlung. Auch bei wolkenlosem Himmel wird der Boden nur noch wenig aufgeheizt, während der langen sternklaren Nächte kann jedoch viel Wärmeenergie ins Weltall entweichen. Bei Tag erwärmt sich die oberste Schicht des Bodens und dadurch die bodennahe Luft; 25°C Lufttemperatur sind möglich. Bei Nacht kühlt der Boden rasch aus, die tieferen Schichten liefern jedoch keine zusätzliche Wärme nach. Im Hochsommer war das noch anders. Da hatte der Boden so viel Wärme gespeichert, dass die kurzen kühlen Nächte durch die Tiefenwärme überbrückt werden konnten. Nun, im Spätsommer und erst recht im Herbst, ist dieses Wärmereservoir erschöpft. Nachts kühlt der Boden und damit auch die bodennnahe Luftschicht deutlich ab.

Nun kann warme Luft erheblich mehr Wasserdampf aufnehmen als kalte. Dieser Unterschied ist bei niedriger Temperatur stärker als bei hoher. Hierzulande wird bei hoher Temperatur die Sättigung mit Wasserdampf kaum erreicht, es wäre dann tropisch schwül. Bei geringer Temperatur unterhalb von 10°C ist die Schwelle von 100% relative Luftfeuchte (maximaler Wasserdampfgehalt der Luft; Taupunkt) jedoch rasch erreicht. Es bilden sich dann kleine Wassertröpfchen in der Luft - je nach Dichte entsteht Dunst oder Nebel. Der Zeitpunkt für die Nebelbildung ist meist der frühe Morgen, wenn seit dem Sonnenuntergang die längste Zeitspanne für die Auskühlung verstrichen ist und am Morgen die Sonnenstrahlung noch nicht wärmte. Wer den Zeitpunkt für die erste Nebelbeobachtung verpasste, bemerkt den Tau auf Wiesen oder Autodächern - Flächen, die besonders gut auskühlten und daher die direkt anliegende Luft so weit abkühlten, dass der Wasserdampf kondensiert und sich an der Fläche niederschlug. Der selbe Effekt befeuchtet im Hochsommer Getränkeflaschen, sobald man sie aus dem Kühlschrank holt.

Diese Form der Nebelbildung nennen Meteorologen „Abkühlungsnebel“. Dabei kann die Abkühlung der wasserdampfhaltigen Luft bis unter den Taupunkt - wie beschrieben - durch nächtliche Abstrahlung der Bodenwärme erfolgen. Abkühlungsnebel entsteht aber auch, wenn feuchtwarme Luftmassen über kühle Landschaften wehen (Warmluftadvektion). Eine weitere Möglichkeit ist die orographischer Hebung, wenn feuchtwarme Luftmassen über Berge fließen und dabei aufsteigen, wodurch sie in kühlere Atmosphäreschichten und über kühleren Untergrund gelangen. Auch dabei kann die Temperatur der feuchtwarmen Luft an den Kontaktflächen unter den Taupunkt sinken und Nebel bilden. Je nachdem, welcher Effekt die Abkühlung unter den Taupunkt bewirkt, spricht man von Strahlungsnebel (Bodennebel, Talnebel, Hochnebel), Advektionsnebel (Meernebel, Küsten-/ Seenebel) und orographischer Nebel (aufliegende Wolken).

Ein zweite Klasse von Nebel ist der „Verdunstungsnebel“ oder Dampfnebel. Dabei reichert sich eine schmale Luftschicht unmittelbar über einer Feuchtigkeitsquelle, einem warmen Gewässer oder einer sehr feuchten und damit gut wärmespeichernden Wiese (Sumpf, Moor) mit Wasserdampf an. Minimale Schwankungen der Temperatur oder nur das Auftreten von Kondensationskeimen initiiert die Nebelbildung. Je nach Gewässertyp wird von Flussrauch (besonders effektiv bei Flüssen, die durch Kühlwasserzuflüsse von Kraftwerken ungewöhnlich warm sind), Seerauch oder Meerrauch gesprochen. Der poetisch „aus den Wiesen steigende“ Nebel zählt auch dazu.

Der „Mischungsnebel“ entsteht, wenn beide Nebeleffekte gleichzeitig auftreten. Wenn die Luft abkühlt während ein Feuchteüberschuss im Untergrund (Boden oder Gewässer) den Wasserdampfgehalt erhöht. Diese Mischform tritt auch entlang von Fronten von Tiefdruckgebieten auf, wo eine turbulente Durchmischung feuchtwarmer und kalter Luft stattfindet, die mit adiabatischer Abkühlung aufsteigender Luft verbunden ist (aufsteigende Luft unterliegt geringerem Luftdruck und kann sich ausdehnen, dadurch sinkt die Kollisionswahrscheinlichkeit der Luftmoleküle untereinander und damit die Temperatur der Luft). Die Luftfeuchte steigt durch den verdunsteten Regen, der beim Durchzug der Front gefallen ist. Deshalb wird der Mischnebel auch Niederschlags- oder Frontnebel genannt.

Die derzeitig überwiegend auftretende Nebelart, die dem Spätsommer einen herbstlichen Charakter verleiht, ist Bodennebel. Insbesondere Österreich erlebt sonnige Tage, die aber zumeist mit Frühnebel beginnen. Tagsüber sammelt sich genug Feuchtigkeit in der warmen Luft (bis 24°C) und die Abkühlung während der zunehmend langen Nächte reicht aus (bis 8°C), dass der Taupunkt unterschritten wird.

Normalerweise tritt Bodennebel erst im Herbst, also im Oktober und November, auf. Dann sind die bodennahen Luftschichten noch recht warm und nach den herbsttypisch intensiven Niederschlägen ist der Feuchtevorrat üppig. Oft genügen dann ein, zwei sternklare Nächte mit geringer Windbewegung, damit sich stabile Nebellagen bilden. Heuer (in diesem Jahr) beginnt die Nebelsaison etwas früher; durch intensiven Regen reicht die Bodenfeuchte aus und in vielen Regionen ist der Wärmevorrat im Boden spärlich.

Wetterempfindliche Menschen mag trösten, dass sich derzeit die Nebel rasch auflösen. Die Sonnenstrahlung ist intensiv genug den Nebel zu durchdringen und die Luft so weit zu erwärmen, dass aus diesig blickdichten Wassertröpfchen wieder klarer Wasserdampf wird. Der aktuelle Nebel bringt nicht die nasskalten, dunklen und tristen Tage, die Gemüt, Gelenke und ganz allgemein die Gesundheit quälen.

Quellen:

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Nebel! - Ist denn schon Herbst? Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 13.08.2017

Erstellt am 5. September 2017
Zuletzt aktualisiert am 5. September 2017

Unterstützen Sie Menschenswetter!

Die Höhe des Beitrags liegt in Ihrem Ermessen.

Weitere Informationen...

 3 Euro    5 Euro    12 Euro  
 Betrag selbst festlegen  

Gesundheitsrisiko Temperatursturz im April

Nach einer rekordverdächtigen Warmwetterphase von Februar bis Mitte April, ist jetzt das kühle wechselhafte April-Wetter mit Wind, Regen und vereinzelt auch Schneefall zurück. Der Temperatursturz um 15 bis 20°C ist an sich schon ein Gesundheitsrisiko, doch die physiologische und psychologischen Herausforderungen sind diesmal besonders drastisch. weiterlesen...


Admarker

Der digital Asthma-Helfer für die Tasche

Breazy Health


Schon wenig Rotwein kann massive Kopfschmerzen auslösen

Reichlich Rotwein am Abend kann morgens Kopfschmerz provozieren. Manchen Menschen leiden jedoch schon nach einem kleinen Glas oder gar einem Probierschluck Rotwein und rasch anflutenden Kopfschmerzen - nicht erst nach Stunden im alkoholvertieftem Komaschlaf, sondern unmittelbar anschließend bei hellwachem Bewusstsein. weiterlesen...


Impfsaison 2023/2024 für Menschen mit Atemwegserkrankungen

Robert-Koch-Institut (RKI) und Ständige Impfkommission (STIKO) empfehlen Menschen mit Asthma und COPD frühzeitige Impfung gegen Grippe (Influenza) und neue Corona-Varianten sowie eine Überprüfung des Pneumokokken-Schutzes zur Vorbeugung einer Lungenentzündung. Gerade in der jetzt beginnenden kalten Jahreszeit steigt neben Infektionen der oberen und unteren Atemwege auch das Risiko für spürbare Verschlechterung der Symptomatik von vorbestehenden Lungenerkrankungen. weiterlesen...


Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt Ärzte bei der Diagnose

Das Konzept der KI (im Englischen treffender als Artificial Intelligence bezeichnet) ist in der aktuell populären Version auf die Komposition von Texten optimiert. In der medizinische Diagnostik werden andere Qualitäten gefordert. Doch schon heute liefern solche Anwendungen erstaunlich kompetente Unterstützung. weiterlesen...


Wetterwechsel provoziert Migräneattacken

Befragt man Menschen, die unter Migräne leiden, werden zuverlässig bestimmte Wetterlagen oder  eine besonders dynamische Veränderung des Wetters als Auslöser von Schmerzattacken genannt. Deshalb wurde dieser besondere Umwelt-Trigger schon vielfach untersucht. Neue Studien zeigen, dass es nicht die Wetterlage ist, die Schmerzattacken auslöst. weiterlesen...