Wetter

Zlatan stürmt durch Europa

von Holger Westermann

Regenfront Alfred

Gemeint ist diesmal nicht der schwedische Fußballspieler Zlatan Ibrahimović, der 2012 während der Qualifikation für die Weltmeisterschaft im Alleingang die deutsche Fußballnationalmannschaft düpierte und einen 0:4 Rückstand in der 62. Spielminute zum 4:4 Endstand verwandelte (dabei aber nur ein Tor selber schoss). Wie vom Donner gerührt stand die deutsche „Mannschaft“ als Rudel begossener Pudel auf dem Rasen; genau so flutet derzeit das Sturmtief „Zlatan“ ganz Europa mit Gewitter-Starkregen.

Berlin, Ruhrgebiet, Bodenseeraum, Wien, Kärnten, Salzburger Land, Tirol: Über Mitteleuropa regnete es allerorten, aber in manchen Regionen stürzte in wenigen Stunden so viel Wasser vom Himmel, dass Straßen überflutet wurden, Keller vollliefen und Flüsse ausuferten. Der Dauerregen beruht auf der Trägheit von Tief „Zlatan“ (im Gensatz zum agilen Fußballer), das mehrere Tagen bei den Britischen Inseln verharrte, bevor es ostwärts weiter zog. Durch die Luftströmung entgegen dem Uhrzeigersinn um das Tiefdruckzentrum wurde dabei auf der Südflanke von „Zlatan" kühlere Atlantikluft nach Mitteleuropa gelenkt und die bis dahin wetterbestimmende schwülwarme Luft nach Osten abgedrängt. Wo die unterschiedlich temperierten Luftmassen aufeinander trafen, bildeten sich mächtige Gewitterfronten mit der ersten Starkregen-Episode.

Die zweite Station im Starkregenreigen formtem die nachrückenden Kaltluftgewitter. Dabei schiebt sich in höheren Atmosphäreschichten kalte Luft übers Land und destabilisiert (labilisiert) die Schichtung der Troposphäre (untere Atmosphäreschicht in der sich Wolken bilden; Wetter-Atmosphäre). Der bislang solide Aufbau der Troposphäre wird durch vertikale Luftbewegungen (Aufsteigen von Luftmassen) durcheinander gewirbelt; dabei wird Energie frei - es bilden sich Gewitterwolken*. In einigen Landstrichen fielen bis zu 100 l/m2 Regen; unter Gewittern richtete großer Hagel (bis zu 3cm Durchmesser) erheblichen Schaden an, Stürme und Fallböen ließen Bäume und Baukräne umstürzen.

Die dritte Episode mit Starkregen verantwortet nun nicht mehr „Zaltan“, sondern geht auf Rechnung des Nachfolgetiefs „Alfred“. Ein echtes Ekel! Von spürbarem Zwischenhocheinfluss keine Spur. Der sporadische Sonnenschein steigerte lediglich die Schwüle, da die Feuchtigkeit aus dem Boden in die erwärmte Luft übertrat. Für wetterempfindliche Menschen waren es wenig erholsame Tage. In ganz Mitteleuropa gilt eine einheitliche Wetterprognose: Regen, Regen und nochmals Regen.

Mancherorts muss wieder mit Überflutungen gerechnet werden. Einen Starkregen-Schwerpunkt bildet der Harz und mit etwa einem Tag Verzögerung die Großstädte entlang der Harzflüsse: Braunschweig, Hildesheim, Hannover. Auch auf der anderen Harzseite fließt verstärkt Wasser zu Tal; betroffen sind in Sachsen-Anhalt beispielsweise Wernigerode, Halberstadt, Magdeburg und in Thüringen das Eichsfeld und sogar das entfernt liegende Erfurt. Ein weiterer Schwerpunkt mit Katastrophenpotential fokussiert (schon wieder) der Nordosten Deutschlands zwischen Berlin und Greifswald. Durch die letzten Überschwemmungen kann der Boden dort kein Wasser mehr aufnehmen; Regen fließt nur noch sehr zögerlich ab - fällt sehr viel Regen sammelt sich das Wasser auf den Straßen und in den Kellern. In Südbayern und in den angrenzenden Gebieten Österreichs, Vorarlberg und Salzbuger Land, liegt ein weiterer Regenschwerpunkt von „Alfred“. Mancherorts fällt in wenigen Stunden so viel Wasser vom Himmel wie normalerweise im gesamten Juli.

Damit endet der Reigen von Starkregen-Ereignissen noch nicht. Der Feuchtevorrat der Atmosphäre ist noch nicht erschöpft. In einem breiter Streifen von Vorpommern bis nach Süddeutschland rücken neue Regenfronten heran. Erst danach tritt eine vorübergehende Wetterberuhigung ein; das begründet aber keine Hoffnung auf Rückkehr des Sommerwetters. Der Regen lässt nach, versiegt schließlich, doch weiterhin dominieren Wolken den Himmel. Langsam steigt auch die Lufttemperatur wieder. Durch die enorme Feuchtigkeit im Boden wird es dann schon bei moderater Wärme um 20°C rasch schwül. Meteorologen nennen das Wetter wechselhaft.

Die Schneise, die „Zlatan“ in den Sommer stürmte, schließt sich nur langsam. Letztendlich wird aber der Sommer zurückkehren. Auf dem Weg dahin begünstigt die hohe Luftfeuchte Gewitterbildung. Für wetterempfindliche Menschen werden das dann noch einmal schwierige Tage. Sobald wieder Hochdruckeinfluss dominiert verflüchtigt sich auch die Schwüle und ruhiges Sonnenscheinwetter breitet sich aus. Gut, dass bald der Hochsommermonat August beginnt.

Quellen:

* Menschenswetter Artikel 1518 über die Wolken- und Gewitterbildung durch „verborgene Energie“


Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Der Herbst im Juli? - Tief "Zlatan" auf dem Weg nach Osten! Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 23.07.2017.

MSc.-Met. Thore Hansen: Regen, Regen und nochmals Regen. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 25.07.2017

Erstellt am 25. Juli 2017
Zuletzt aktualisiert am 27. Juli 2017

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