Wetter

Heißer Start in den Sommer

von Holger Westermann

Heidelberg

Zum astronomischen Sommerbeginn am 21. Juni heizen hierzulande heiße Saharaluft und anhaltender Sonnenschein die Landschaft auf Hochsommerniveau, mit Tagesmaxima über 30°C. Durch zunehmende Schwüle steigt die Gewitter-Wahrscheinlichkeit aber auch die gefühlte Temperatur und damit das Risiko für Gesundheitsprobleme.

Unter dem Einfluss des Bodenhochs „Concha“ über Süddeutschland scheint die Sonne den gesamten lichten Tag. Inzwischen sind das hierzulande rund 16 Stunden. Im Hochdruckgebiet erwärmt sich die absinkende Luft und damit sinkt die relative Luftfeuchte (wärmere Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen), so dass alle Wolken vom Himmel verschwinden. Je weiter sich „Concha“ südwärts verlagert um so eher wird mit der Luftströmung im Uhrzeigersinn um das Zentrum an der Nordwestseite sehr warme und heiße Luft aus Nordafrika nach Mitteleuropa geführt. Vom Atlantik her rückt das Tief „Naoto“ (Strömung entgegen dem Uhrzeigersinn) nach und verstärkt den Zustrom heißer Luft durch seine Warmfront. Erkennbar ist der Frontdurchzug an den begleitenden Wolken; unter Hochdruckeinfluss wären die derzeit nicht möglich.

Die zugehörige Kaltfront folgt normalerweise binnen 24 Stunden, doch diesmal hat sie es nicht so eilig. Der solide Hochdruck in den oberen Atmosphäreschichten mit absinkenden Luftmassen aus der Tropospause (Grenzschicht zwischen Troposphäre, in denen sich das Wetter abspielt und Stratosphäre) bestimmt die Großwetterlage auch weiterhin. Die Kaltfront kühlt die Luft um etwa 6°C ab, bringt jedoch mehr Feuchtigkeit ins System und damit steigt die Schwüle. Der Norden Deutschlands spürt die Frische, im Süden steigt die Gewittergefahr. Zwischen Flensburg (20°) in Schleswig-Holstein und Freiburg(35°) im Breisgau (Baden-Württemberg) wird ein Temperaturunterschied von 15°C erwartet. Ab Freitag wird es von Norden her langsam wieder etwas kühler. Südlich der Donau bleibt die heiße Witterung auch über das nächste Wochenende stabil.

Maximale Sonneneinstrahlung, langer lichter Tag und hohe Temperatur fordern die Thermoregulation des Körpers. Die Stoffwechselwärme von Muskeln und Organen muss abgeführt werden, um ein Überhitzen zu verhindern. Bei hoher Umgebungstemperatur gelingt das nicht so zuverlässig wie bei Kälte. Der physiologische Trick des Körpers nutzt zunächst eine bessere Durchblutung durch Weiten der Adern. So strömt das erwärmte Blut verstärkt von der Körpermitte zur Haut und breitet sich in maximaler Kontaktfläche zur kühlenden Luft. Das abgekühlte Blut strömt dann wieder in Muskeln und Organe zurück. Genügt das nicht, kann der Kühleffekt durch Verdunstungskälte verbessert werden: Man beginnt zu schwitzen. Ist bei Schwüle die heiße Luft jedoch bereits weitgehend mit Wasserdampf gesättigt, kann der Schweiß nicht verdunsten und rinnt wirkungslos den Körper hinab. Der kühlende Effekt bleibt aus und der Körper erleidet einen Hitzestau.

Selbst bei Nacht wird die Temperatur für einige Tage nicht unter 20°C sinken; Meteorologen sprechen von Tropennächten. Ein Wechsel vom Federbett zu einfachem Bettlaken als Zudecke kann die Schlafqualität verbessern. Ganz bloß zu liegen ist nicht empfehlenswert, da ansonsten die Gewohnheit unter einer Decke zu schlafen Suchbewegungen provoziert, die den Schlaf stören.

Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen sollten in diesen Tagen vor allem ausreichend trinken. Auch wirkungsloses Schwitzen führt zu Wasserverlust, der ausgeglichen werden muss. Wird keine Flüssigkeit zugeführt, dickt das Blut ein, der Blutfluss verlangsamt sich und trotz geweiteter Adern droht ein Infarkt. Wer Alkohol trinkt riskiert sehr rasch ansteigende Promillewerte, da die Alkoholmenge in weniger Blutvolumen gemischt wird.

Ein weiteres Risiko bewirken blutdrucksenkende Medikamente. Durch die Weitung der Adern sinkt der Blutdruck ohnehin schon, die Medikamente verstärken den Effekt. Durch Schwindel steigt die Gefahr zu stürzen rasant. Zudem fällt es schwer eine Muskelspannung aufzubauen, die für eine sichere Fortbewegung notwendig ist. Selbst gesunde Menschen spüren den Effekt, wenn bei Hitze die Konzentrationsfähigkeit schwindet. Manche Menschen reagieren darauf auch mit wachsender sozialer Unverträglichkeit und allgemeiner Nervosität.

Dann hilft nur ein „kühler Kopf“. Den kann man am einfachsten mit einem kühlenden Fußbad gewinnen. Es erleichtert die Wärmeableitung aus dem Körper. Nur zu kalt darf das Wasser nicht sein. Denn dann ziehen sich die Adern zusammen und reduzieren den Blutfluss genau da, wo er eigentlich besonders intensiv wirken sollte.

Quellen:

Dipl.-Met. Christoph Hartmann: Der Beginn des kalendarischen Sommers im Zeichen von Concha und Naoto. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 18.06.2017

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Sommerbeginn: astronomisch, meteorologisch oder doch phänologisch? Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 19.06.2017

Erstellt am 19. Juni 2017
Zuletzt aktualisiert am 19. Juni 2017

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