Durchblutung der Hirnhaut steigt mit dem Energiebedarf

Denken verbessert die Versorgung des Gehirns

von Holger Westermann

Beim Menschen repräsentiert das Gehirn zwei bis drei Prozent der Körpermasse (ohne Speichergewebe), beansprucht jedoch zwanzig bis fünfundzwanzig Prozent der Energie. Dabei nutzt es ausschließlich Zucker als Energiequelle, Eiweiß und Fette können die Blut-Hirn-Schranke nicht passieren. Um so wichtiger ist bedarfsorientiert Versorgung.

Denken ist ein mühsames Geschäft, deswegen wird es von so vielen Mitmenschen konsequent vermieden. Erstaunlich ist dabei nur, dass dieser Satz viel Zustimmung erhält, obwohl sich kaum jemand selbst als denkfaul klassifiziert. Tatsächlich gilt die Entwicklung dieses Luxusorgans als Rätsel der Evolution des Menschen. Zu voller Größe entwickelt war das Gehirn schon beim Neandertaler und beim frühen modernen Menschen, die noch keine komplexe Kultur kannten und deren Sozialorganisation sich kaum von der anderer Säugetiere unterschied.

Eine effiziente Energieversorgung des Gehirns reduziert den Nahrungsbedarf. Das gilt nicht nur für Menschen, sondern auch für andere Säugetiere. Forscher des Lar­ner College of Medicine an der Universität von Vermont (Burlington Vermont, USA) untersuchten die Regulation der bedarfsgerechten Energieversorgung des Gehirns an Mäusen. Dabei stellten sie fest, dass die feinen Adern (Kapillaren) der Hirnhaut über elektrosensible Kanäle die Aktivität der direkt darunter liegenden Hirnregion registrieren. Bislang ging man davon aus, dass die Kapillaren passive Blutröhrchen sind (Länge 0,5 bis 1mm; Durchmesser 0,0005 und 0,015 mm). Ihnen fehlt die Muskulatur in der Aderwand, um auf ein hormonelles Signal hin den Durchmesser zu verändern. Offensichtlich dienen sie aber dazu, das elektrochemische Signal der Gehirnaktivität aufzunehmen und entlang der Blutbahn zu den größeren Arteriolen weiter zu leiten. Diese dünnen Arterien haben einen Innendurchmesser von weniger als 0,1mm. Sie können über glatte Muskelzellen in der Aderwand die Durchflussmenge regulieren.

Dieses Zusammenspiel zwischen sensiblen Kapillaren und regulierenden Arteriolen erscheint sinnvoll, da die Muskulatur in der Arteriolenwand elektrisch isoliert und eigene elektrische Felder aufbaut. Der muskuläre Bereich der Blutgefäße kann daher die Aktivität darunter liegender Gehirnregionen nicht registrieren. Dagegen überziehen die Kapillaren die gesamte Gehirnoberfläche mit einem komplexen sensorischen Netzwerk.

In jedem Fall verbessert dieses Forschungsergebnis das Verständnis der Regulation des Gehirnstoffwechsels. Möglicherweise erlaubt dieser Erkenntnis auch neurologische Erkrankungen wie Migräne besser zu verstehen und dann auch zielgerichtet zu behandeln.

Quellen:

Longden, T.A. et al. (2017): Capillary K+-sensing initiates retrograde hyperpolarization to increase local cerebral blood flow. Nature Neuroscience, online veröffentlicht 30.03. 2017. doi: 10.1038/nn.4533.

Erstellt am 6. April 2017
Zuletzt aktualisiert am 6. April 2017

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