Lebensnotwendige Vitamin D Produktion, Sonnenbrand und Hautkrebs

Sonnenstrahlung, die Dosis macht das Gift

von Holger Westermann

Blüten im Frühjahr

Der Schweizer Arzt und Pharmazeut Paracelsus (1493–1541) hatte zwar nicht den Sonnenschein im Blick, aber auch hier entscheidet die Dosis über Wohl und Wehe. Einerseits ist Sonnenstrahlung notwendig, um das lebensnotwendige Vitamin D zu bilden. Andererseits droht bei ausgedehntem Sonnenbad kurzfristig Sonnenbrand und mittelfristig Hautkrebs. Wo liegt der Tipping-Point, der qualitative Umschlagpunkt zwischen hilfreich und schädlich?

Genau genommen formulierte Paracelsus „Alle Ding' sind Gift und nichts ohn' Gift - allein die Dosis macht, das ein Ding' kein Gift ist.“, doch die von Nachgeborenen erfundene Kurzfassung ist heutzutage bekannter. Das Originalzitat beschreibt jedoch den Doppelcharakter der Sonnenstrahlung auf unbedeckter Haut noch treffender: Jedes Sonnenbad verursacht Hautschäden, aber es tut der Psyche gut und ermöglicht Vitamin D zu bilden, doch es gibt eine Dosis ab der die schädliche Wirkung überwiegt.

Eine spanische Forschergruppe der Technischen Universität Valencia (Universitat Politècnica de València) untersuchte nun, wieviel Strahlung notwendig ist um ausrechend Vitamin D zu bilden und wann ein Sonnenbrand zu befürchten ist. Für ihre Experimente hatten sich die Wissenschaftler am iberischen Hauttyp orientiert; unter Mitteleuropäern wäre das der dunklere Typ. Rothaarige, blonde oder brünette Menschen haben zumeist hellere Haut, die sehr viel transparenter erscheint und gegenüber Sonnenstrahlung empfindlicher ist.

Zudem steht in Mitteleuropa die Mittagssonne im Winter tiefer am Himmel als in Spanien. Dem entsprechend ist die Strahlungsintensität auch geringer. Zwischen Oktober und März ist hierzulande die UV-B-Strahlung (315-280 nm Wellenlänge) zu schwach, um die Vitamin D Synthese zu stimulieren. Zudem bevorzugen die meisten Menschen in Mitteleuropa während des Winters eine Garderobe, die nur kleine Hautpartien unbedeckt lässt. Dennoch illustrieren die Ergebnisse der Forschungsarbeit aus Spanien sehr anschaulich, wie sehr sich die Giftdosis der Sonnenstrahlung im Jahreslauf ändert.

Zum Jahreswechsel benötigt eine Versuchsperson, die zur Mittagszeit 10% ihrer Körperoberfläche dem Sonnenschein präsentiert mehr als zwei Stunden (rund 130 Minuten), um ausreichend Vitamin D zu produzieren. Glücklicherweise können Menschen in ihrem Fettgewebe Vitamin D speichern, das sie in der dunklen Jahreszeit nutzen. Anzeichen für einen Sonnenbrand sind unter diesen Winterbedingungen nach 150 Minuten, also nach knapp drei Stunden festzustellen.

Im Frühling und Sommer (April bis Juli), noch vor der maximalen Strahlungsintensität der Sonne, genügen schon zwanzig bis zehn Minuten Sonnenbad - zumal dann auch großzügiger freie Hautflächen präsentiert werden. Ein Sonnenbrand kann schon nach etwas mehr als einer halben Stunde auftreten. Für Mitteleuropäer mit Hauttyp III (mittelhelle Haut, braunes Haar, sonnengewöhnt) beginnt die Risikophase bereits nach 29 Minuten.

Der Unterschied zwischen Winter- und Sommersonne ist gravierend. Die Frühlingssonne trifft auf sonnenentwöhnte Haut und kann daher ebenfalls rasch Rötungen und langfristig wirksame Schäden hervorrufen. Im Herbst erreichte der Sonnenstand zu Mittagszeit das selbe Niveau wie im Frühling, doch dann konnte sich die Haut über den gesamten Sommer hinweg an die Strahlung gewöhnen.

Quellen:

Serrano, M.-A. et al. (2017): Solar ultraviolet doses and vitamin D in a northern mid-latitude. Science of The Total Environment 574: 744–750. doi: 10.1016/j.scitotenv.2016.09.102

Erstellt am 13. März 2017
Zuletzt aktualisiert am 17. März 2017

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