Methotrexat (MTX) nicht gemeinsam mit Protonenpumpeninhibitoren (PPI) einnehmen

Risikokombi Rheuma und Sodbrennen

von Holger Westermann

Das verschreibungspflichtige Vitamin-B9-Analogon Methotrexat hat sich bei Menschen mit Rheumatoider Arthritis zur dauerhaften Therapie bewährt, um die Aktivität des Immunsystems zu regulieren. Rezeptfrei erhält man in Apotheken Säurehemmer gegen aggressives Sodbrennen. Die Kombination beider Medikamente provoziert Schmerzen und belastet die Nieren.

Üppige Mahlzeiten, fettreiche Kost, Kaffee, Rotwein, Süßigkeiten gelten als Auslöser für Sodbrennen. Das saure oder bittere Aufstoßen des Mageninhalts ist schmerzhaftes Symptom der Reflux-Erkrankung. Treten die Beschwerden häufiger auf, kann die Speiseröhre Schaden nehmen, denn der aufsteigende Speisebrei vermittelt nicht nur ein unerfreuliches Geschmackserlebnis (über den Geruch in der Nase), sondern verätzt auch die Schleimhaut. Akut ist das schmerzhaft, bei wiederkehrender Belastung werden die Schmerzen intensiver, bei Dauerbelastung kann der organische Schaden die Funktionsfähigkeit der Speiseröhre beeinträchtigen.

Veränderte Ernährungsgewohnheiten können helfen, die Beschwerden zu lindern oder gar zu verhindern. Die Hauptmahlzeit mit einem Glas Wasser beginnen und der Verzicht auf fettreiche, scharf gewürzte Speisen zugunsten einer ballaststoffreichen Kost, reduzieren die Verweildauer im Magen und damit die Reflux-Wahrscheinlichkeit. Süßes (auch Schokolade), Alkohol und Kaffee regen dagegen die Säurebildung an. Stress und seelische Anspannung verstärken den Effekt. Zudem können solche Genussmittel den Speiseröhrenschließmuskel schwächen. Wer Stress mit Schokolade und Kaffee oder Alkohol bekämpft provoziert Sodbrennen.

Bequem ist dann der Griff zum Medikament: Omeprazol und Pantoprazol gibt es mittlerweile rezeptfrei in der Apotheke. Diese Säurehemmer (Protonenpumpeninhibitoren, PPI) reduzieren die Acidität (Säuregrad) des Mageninhalts und somit die Schmerzintensität beim Reflux sowie die Verätzung der Speiseröhre. Ärzte kritisieren, dass der genussorientierte Lebensstil, insbesondere die Vorliebe für eine überreichliche Kombination aus Fett, Alkohol und Kaffee von einem sorglosen Umgang mit PPI begleitet wird. Denn die häufige Einnahme von PPI erhöht langfristig das Risiko für Schäden an der Magenschleimhaut, für Herzinfarkt, Nierenschäden und Demenz.

Unmittelbar ist dagegen das Risiko für Rheuma-Patienten, die mit MTX therapiert werden. Durch die Parallel-Einnahme von PPI steigt die Konzentration des MTX sowie seiner medizinisch wirksamen Form (Metaboliten) 7-Hydroxymethothrexat im Körper. Die Folge sind starke, bewegungseinschränkende Knochen- und Muskelschmerzen. Denn die Säurehemmer wirken nicht nur auf die Protonenpumpe der Magensäureproduktion, sondern auch bei vergleichbaren Strukturen in der Niere (ABCG2-Transporter, Efflux-Pumpe). Damit wird das Ausscheiden der aktiven Form der MTX stark verzögert, denn rund 80% des Abbaus erfolgt über die Nieren. Sobald die Patienten auf PPI verzichteten schwanden die Knochen- und Muskelschmerzen. Refluxgeplagte Rheuma-Patienten unter MTX sollten daher eine andere Therapie gegen Sodbrennen nutzen; zunächst eine Umstellung der Ernährungsgewohnheiten ausprobieren und, falls das nicht zufriedenstellend erfolgreich ist, auf Medikamente mit dem Wirkstoff Ranitidin wechseln. Der Wirkmechanismus ist ein anderer als bei den PPI, letztendlich wird ebenfalls die Produktion der Salzsäure und die Freisetzung des Verdauungsenzyms Pepsin im Magen gehemmt. Die Verdauung verläuft dadurch insgesamt etwas langsamer aber magenschonend und weitgehend ohne schmerzhaftes Sodbrennen. In der Apotheke werden rezeptfreie und verschreibungspflichtige Präparate angeboten.

Quellen:

Johnson, D.A.; Oldfield, E.C. (2013): Reported Side Effects and Complications of Long-term Proton Pump Inhibitor Use. Clinical Gastroenterology and Hepatology 11 (5):458-464. doi: 10.1016/j.cgh.2012.11.031

Lazarus, B. et al. (2016): Proton Pump Inhibitor Use and the Risk of Chronic Kidney Disease. Journal of the American Medical Association JAMA Internal Medicine 176 (2):238-246. doi:10.1001/jamainternmed.2015.7193

Xie, Y. et al. (2016): Proton Pump Inhibitors and Risk of Incident CKD and Progression to ESRD. Journal of the American Society of Nephrology 27: 2926-2928. doi: 10.1681/ASN.2015121377

Yepuri, G. et al. (2016): Proton Pump Inhibitors Accelerate Endothelial Senescence. Circulation Research 118 (12): e36-e42. doi: 10.1161/CIRCRESAHA.116.308807

Erstellt am 15. Februar 2017
Zuletzt aktualisiert am 15. Februar 2017

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