Ab BMI > 25 steigt das Diabetes-Risiko mit dem Körpergewicht

Leichtes Übergewicht ist noch kein Infarktrisiko

von Holger Westermann

Lukullischer Lebensstil und genetische Veranlagung, beide Faktoren beeinflussen sowohl Körpergewicht als auch das Herzinfarkt-Risiko. Für den ersten ist der Mensch selbst verantwortlich, der zweite ist Schicksal. Eine umfangreiche Zwillingsstudie analysiert ob der Einfluss des BMI oder des genetischen Schicksals überwiegt.

Eineiige Zwillinge sind genetisch identisch, insofern repräsentieren sie vergleichbare Konstellationen physiologischer Risikofaktoren. Doch aufgrund divergierender Lebensstile können sie erhebliche Unterschiede im Körpergewicht entwickeln. Forscher der Universität Umeå (Schweden) nutzten die Daten des schwedische Zwillingsregister und identifizierten 4.046 eineiigen Zwillingspaare (durchschnittlich 58 Jahre alt) mit diskordanten (relevant unterschiedlichen) Body-Mass-Index (BMI). Sie kategorisierten jeweils „schwere“ (durchschnittlicher BMI 25,9) und „leichte“ (23,9) Zwillinge und ermittelten durch eine Untersuchung im Abstand von mindestens 10 Jahren (1998 - 2003 vs. 2013, durchschnittlich 12,4 Jahre) das konkretisierte Risiko für Herzinfarkt und Typ-2-Diabetes oder Tod.

In der Gruppe schwerer Zwillinge ereigneten sich im Untersuchungszeitraum 203 Herzinfarkte (5%) und 550 Todesfälle (13,6%); in der Gruppe leichter Zwillinge 209 Herzinfarkte (5,2%) und 633 Todesfälle (15,6%). Selbst in einer gesonderten Auswertung der Zwillingspaare in denen der schwerere Zwilling einen BMI > 30 (adipös) erreichte, konnte kein negativer Effekt des starken Übergewichts auf Herzinfarktrisiko oder andere Todesursachen festgestellt werden. Lediglich das Risiko an Typ-2-Diabetes zu erkranken war deutlich erhöht; damit aber auch das langfristige (über den Untersuchungszeitraum hinaus gehende) Infarktrisiko.

Den überraschenden Befund, dass sich bei den Zwillingen mit höherem BMI weniger Risiken realisierten erklären sich die Forscher mit einem Nebenbefund: Unter den schweren Zwillingen gab es mehr Sportmuffel, unter den leichten dagegen mehr Raucher. Es ist bekannt, dass Rauchen ein höheres kardiologisches Risiko provoziert als Bewegungsmangel. Im direkten Vergleich von Raucher-Nichtraucher-Zwillingspaaren verstarben die Raucher mit deutlich höherer Häufigkeit; vorrangig am Herzinfarkt.

In ihrem Fazit räumen die Forscher ein, dass „in der vorliegenden Studie nicht nachgewiesen werden konnte, ob Fettleibigkeit ein erhöhtes MI-Risiko (Myokard-Infarkt, Herzinfarkt) oder Sterberisiko hervorrufen, wenn die genetischen Faktoren berücksichtigt werden. Signifikant war dagegen der Zusammenhang zwischen Adipositas und Diabetes (Typ 2), wenn die genetischen Faktoren berücksichtigt werden. Der Zusammenhang zwischen Fettleibigkeit und Diabetes war erheblich stärker als zwischen Fettleibigkeit und CVD (cardiovascular desease, kardiovaskulären Erkrankungen) und Tod.“ Sie schließen mit dem Hinweis zur vorbeugenden Therapie für einen bessere Herz-Kreislauf-Gesundheit: „Interventionen zur Reduktion des Körpergewichts senken eher das Diabetes-Risiko als das Risiko von CVD und Mortalität.“

Quellen:

Nordström, P. et al. (2016): Risks of Myocardial Infarction, Death, and Diabetes in Identical Twin Pairs With Different Body Mass Indexes. JAMA Internal Medicine, online veröffentlicht am 01.08. 2016. doi:10.1001/jamainternmed.2016.4104

Erstellt am 14. August 2016
Zuletzt aktualisiert am 14. August 2016

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