Wetter

Frost im August

von Holger Westermann

Menschen mit gutem Gedächtnis erinnern sich noch, für den Hochsommer typisch sind lange Abende im Gartenlokal oder laue Nächte auf Balkon oder Terrasse. Heuer (in diesem Jahr) ist das vergebliche Sehnsucht. Diesmal charakterisiert wechselhaftes Wetter den Sommer, garniert mit Gewittern, Starkregen und Polarlufteinstrom bis zu den Alpen. Der aktuelle Vorstoß kalter Luft aus Nordwest ist jedoch ein meteorologisches Extrem: Frost im August.

Die Hundstage, normalerweise eine Hitzeperiode, begannen am 23. Juli und enden erst am 23. August. Doch derzeit melden Meteorologen des Deutschen Wetterdienstes (DWD) Negativrekorde: Am kältesten war es letzte Nacht in Nürnberg-Netzstall (Bayern) sowie in Carlsfeld (Erzgebirge) mit +1.3°C. Auf dem Feldberg im Schwarzwald (Baden-Württemberg) gab es knapp über dem Boden sogar Frost. Morgens um 8:00 Uhr hatte sich auf einem Tisch am Seebuckgipfel (1.448m) Reif gebildet (siehe Bild im Facebook-Blog von Menschenswetter).

Noch im letzten Jahr erlebten die Menschen in Mitteleuropa einen Hitzesommer. Selbst nachts fiel das Thermometer vielerorts über mehrere Tage nicht unter 20°C. Meteorologen sprechen dann von Tropennächten. Im Großraum Berlin sank die Temperatur in der Nacht vom 10. auf den 11. August 2015 nicht unter 22°C; heuer blieb das Thermometer zum selben Datum unter 7°C.

Verantwortlich für die ungewöhnliche Kälte ist das Hoch „Egbert“ über dem nahen Ostatlantik. In Hochdruckgebieten sinken Luftmassen aus höheren Atmosphäreschichten ab, der Luftdruck nimmt zu, dadurch steigt die Lufttemperatur. Die (adiabatisch) erwärmte Luft kann mehr Wasserdampf aufnehmen; die relative Luftfeuchte sinkt, Wolken lösen sich auf. In einem normalen Hochsommer sind das ideale Voraussetzungen für Sonnenschein von wolkenlosem Himmel. Jedoch strahlt nach Sonnenuntergang in sternklarer Nacht die tagsüber angesammelte Wärme wieder ins Weltall ab. So sind die Sommerabende noch lau, der frühe Morgen aber frisch. In Nächten, derzeit so lang wie Ende April, sinkt die Temperatur bis zum frühen Morgen schon einmal um 15°C.

Heuer senkt eingeflossene Kaltluft die Starttemperatur drastisch. Wenn das Thermometer zur Mittagszeit unter 20°C verharrt, ist auch eine Guten-Morgen-Temperatur von weniger als 5°C möglich; in Extremlagen auch Frost. Wobei im August keine Reifbildung (gefrorener Tau) zu erwarten ist. Der Boden kann immer noch genug Wärme abgeben, so dass sich kein Eis bildet. Die photographierte Tischplatte war weit genug von der Wärmequelle Erdboden entfernt. Dort konnte der nachts niedergeschlagene Tau am frühen Morgen gefrieren.

Zum Wochenende kündigt sich Wetteränderung an - es wird wieder wärmer. Die vorerst kälteste Augustnacht ist vorbei. In den nächsten Tagen zieht von Westen die Warmfront des Tiefs „Finni“ auf Mitteleuropa, begleitet von Regenwolken. In den Staulagen der Mittelgebirge, später auch an den Alpen kann es auch anhaltend und kräftig regnen. Glücklicherweise bestätigt sich die als Lebensweisheit populäre meteorologischen Metapher auch in der Wetterwirklichkeit: Auf Regen folgt Sonnenschein.

Ab dem Wochenende beginnt eine etwas längere Phase mit viel Sonnenschein. Unterbrochen durch einzelne Wärmegewitter am Alpenrand schwindet der Regen und die Tagesmaxima erreichen wieder 25 bis 30°C (In Norddeutschland unter schwachem Tiefdruckeinfluss mit Regenschauer-Abkühlung bei 18 bis 22°C). Eine Hitzewelle, wie sie letzten Sommer mehrmals über Mitteleuropa schwappte, muss hierzulande jedoch niemand befürchten.

Quellen:

Dipl.-Met. Marcus Beyer: Fußkälte statt Hundstagen. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 11.08.2016

Erstellt am 11. August 2016
Zuletzt aktualisiert am 11. August 2016

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