Wetter

Wechselnde Windrichtung durch Gewitter-Konvergenz

von Holger Westermann

Aufsteigende Warmluft erzeugt am Boden einen Unterdruck, der durch nachströmende Luft ausgeglichen wird. Bilden sich mächtige, hoch in die Troposphäre reichende Gewitterwolken, ist dieser Sog besonders kräftig. Der Wind weht konzentrisch in Richtung der Wolkenbildung. Dieses Zusammenströmen der Luftmassen nennen Meteorologen Konvergenz.

Konvergenzen kennzeichnen einen Unterdruck am Boden, ein lokales Tiefdruckgebiet. Der Luftdruck fällt rasant, wenn Gewitter aufziehen. An der Tropopause (Grenze zwischen Troposphäre und Stratosphäre) herrscht dagegen ein Überdruck, die Luft strömt vom Zentrum der Wolkenbildung weg; Meteorologen sprechen von einer Divergenz.

Bei Hochdruckwetterlagen ist die Luftmassenbewegung gegensätzlich: Absinkende Warmluft strömt am Boden kreisförmig auseinander. Diese bodennahen Divergenz steht eine Konvergenz in der oberen Troposphäre gegenüber.

Betrachtet man die bodennahe Luftströmung während der Entwicklung eines Wärmegewitters, so ändert sich die Windrichtung mehrmals. Zunächst dominiert eine kaum spürbare Divergenz. Die Hochdruckluft erwärmt sich adiabatisch. Am Boden ist der Luftdruck höher als in oberen Regionen der Troposphäre. Da sich Gase (und auch Gasgemische wie die Luft) unter Druck erwärmen, steigt auch die Temperatur der absinkenden Luft - um 0,7°C je 100m. Sommerliche Sonneneinstrahlung erwärmt Wasserflächen und Boden; Konvektion (Wärmeübertragung bei direktem Kontakt) lässt die Temperatur der bodennahen Luft weiter ansteigen. Wo die Temperaturentwicklung besonders dynamisch verläuft, steigen alsbald Warmluftblasen (warme Luft ist leichter als kühlere) auf. Der dabei entstehende Unterdruck zieht bislang noch vergleichsweise kühle Luft über den Hotspot der Wärmekonvektion und unterstützt damit deren rasche Erwärmung. So dreht sich in einem selbstverstärkenden Effekt die Windrichtung um, nicht mehr Divergenz sondern Konvergenz kennzeichnet die Luftbewegung.

Im Gegensatz zur Windentwicklung mit oftmals großen Temperaturgegensätzen zwischen Hoch- und Tiefdruckgebieten sind die konzentrisch zusammenströmenden Luftmassen im Konvergenz-Wind zumeist gleich temperiert. Die aufsteigende feuchtwarme Luft kühlt in oberen Troposphäreschichten ab, die Luftfeuchte kondensiert, es wird Kondensationswärme frei, die den weiteren Aufstieg unterstützt, es bilden sich sehr hoch aufragende Wolken. Die Divergenz an der Toropopause bewirkt die typische Ambossform von Gewitterwolken.

In diesen Gewitterwolken herrschen mächtige Aufwinde. Eiskristalle und Regentropfen werden immer wieder empor geschleudert. Bei jedem Absinken verschmelzen sie mit anderem Wolkentröpchen und werden dadurch größer, bis ihre Masse so mächtig geworden ist, dass sie zu Boden stürzen. Dieser Wendepunkt (Tipping-Point) wird von einer Vielzahl der Tropfen gleichzeitig erreicht. Der einsetzende Niederschlag aus großen Platzregentropfen oder Hagel verändert die Luftströmung unterhalb der Gewitterwolke. Fallböen, in divergenter Richtung weg vom Zentrum, begleiten die Entladung eines Gewitters.

Erst verteilt ein kaum merklicher divergenter Wind die warme Hochdruckluft über die Landschaft. Mit den ersten aufsteigenden Warmluftblasen entstehen Konvergenzzentren über denen sich Gewitterwolken entwickeln. Der Wind frischt auf und weht in Richtung der anwachsenden ambossförmigen Wolkentürme. Sobald sich die Gewitter entladen dreht die Windrichtung erneut; Fallböen mit hoher Zerstörungskraft fegen von der Gewitterwolke aus über die Landschaft.

Die Richtung der konvergierenden Luftmassen markieren Meteorologen durch Konvergenzlinien. Neben den lokalen Effekten der Wärmegewitter entstehen diese Konvergenzlinien in Mitteleuropa bei starker Warmluftzufuhr aus Südwesten (vor der nachfolgenden Kaltfront). Dabei markiert die Konvergenzlinie die wärmsten Luft am Boden, während sie in der Höhe von vorauseilender Kaltluft überlaufen wird. Dabei entsteht ein sich großer vertikaler Temperaturunterschied: feuchtwarme Luft unten, darüber Kaltluft. Wie beim Wärmegewitter steigt die feuchte Warmluft mit einen selbstverstärkenden Effekt in die darüber geschichtete Kaltluftregion auf. Es bilden sich Wolken mit starken Aufwinden, die sich zu mächtigen Gewittern entwickeln. Da sich diese Gewitterentwicklung entlang von Warm- und Kaltluftfronten abspielt, spricht man (im Gegensatz zu den Wärmegewittern) von Frontgewittern.

Quellen:

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Konvergenzlinie - Eine Linie mischt die Atmosphäre auf! Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 05.06.2016

Erstellt am 7. Juni 2016
Zuletzt aktualisiert am 7. Juni 2016

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