Wetter

Schaurigfrostiger Aprilausklang

von Holger Westermann

Schauriges Aprilwetter

Der Frühling, ist in Mitteleuropa eine heftig umkämpfte Wetterepisode. Meteorologen sprechen von Übergangsjahreszeiten, wenn durch dynamischen Luftmassenaustausch der Wettercharakter von Tag zu Tag wechselt. Derzeit drängt polare Kaltluft die warme Saharaluft aus Mitteleuropa; ein Temperatursturz von 15°C in 24 Stunden belastet die Gesundheit wetterempfindlicher Menschen.

Vor wenigen Tagen noch lockte vielerorts Sonnenschein ins Freie. Dann trübten sichtbare Wolken und eine unsichtbare Schicht Saharastaub den Himmel. Wie in einem Gewächshaus staute sich unter dieser hoch wirksamen Abschirmung die Wärme. Bei zunehmender Luftfeuchte wurde es in der bodennahen Luft schwül, die gefühlte Temperatur stieg auf 25°C. Wo es regnete wurde der Staub ausgewaschen, es bildeten sich rötliche Rinnsale, wofür gern die Allegorie Blutregen bemüht wird. Mit dem Staub verliert die Atmosphäre auch einen Gutteil der Wärmeabschirmung und die Schwüle schwindet spürbar.

Doch mit diese marginalen Entlastung ist der Wetterwechsel noch nicht abgeschlossen: Kaltlufteinstrom verstärkt den Regen und die Abkühlung, in den Gipfellagen der Mittelgebirge kann es noch einmal schneien. Durch den Zusammenbruch des Hochdruckgebiets über der Ostsee ist der Weg frei für Atlantiktiefs (Luftströmung entgegen dem Uhrzeigersinn um das Zentrum), die nun in rascher Folge heranziehen und das Wetter in Mitteleuropa bestimmen.

An deren Vorderseiten (Ostflanke) führt ein Südwestwind Warmluft heran. Die vergleichsweise warme und feuchte Luft gleitet auf die Kaltluft auf und wird dabei angehoben, in den höheren Atmosphäreschichten kühlt sie ab, die Luftfeuchte kondensiert zu feinen Tröpfchen, es bilden sich Wolken aus denen es alsbald regnet. Unterstützt wird dieser Effekt derzeit durch die vielen Staubpartikel in der Luft, die als Kondensationskeime wirken. An der Rückseite (Westflanke) eines Tiefs strömt mit Nordwest- oder Nordwind eiskalte Polarluft südwärts. Sie schiebt sich unter die Warmluft und hebt sie an - auch dies führt zuverlässig zu Niederschlägen. Je nachdem wie weit die im Meer und im Boden gespeicherte Wärme über Konvektion (Wärmetransport bei direktem Kontakt) die einfließende Polarluft erwärmt, fällt Regen oder Schnee, bei Gewittern auch Graupel oder Hagel.

In den kommenden Tage stabilisiert sich die Kaltluftzufuhr. Über dem Nordatlantik verstärkt sich derzeit ein Hochdruckgebiet (Luftströmung im Uhrzeigersinn um das Zentrum) das sich mit einem Hoch über Sibirien zu einer stabilen Brücke vereinigt. Vom Atlantik heranziehende Tiefdruckgebiete werden durch dieses Bollwerk auf eine südliche Zugbahn gezwungen: von Skandinavien über Mitteleuropa zum Mittelmeer.

Warm- und Kaltfronten wechseln sich in rascher Folge ab. Dabei überwiegt kräftiger Polarlufteinstrom. Unterstützt durch steten schauerartig verstärkten Niederschlag und Wind, fallen der Thermometerwert und die gefühlte Temperatur rasant und verharren auf niedrigem Niveau. So kann die Strahlungswärme der Sonne, die inzwischen zur Mittagszeit schon hoch am Himmel steht (und mit UV-Strahlung Sonnenbrand provozieren kann) vorerst kaum wirken. Dazu bedarf es erst eine nachhaltigen Wetterberuhigung, die derzeit nicht in Sicht ist.

Wetterempfindliche Menschen müssen zunächst den Temperatursturz und den Wechsel zu nasskaltem Wetter ertragen. Herz-Kreislauf-Patienten werden einen höheren Blutdruck messen. Sie sollten in dieser Phase körperliche Anstrengung meiden. Menschen mit Rheuma oder Fibromyalgie, Menschen die zu Muskelverkrampfungen neigen oder bei rasantem Temperaturwechsel oftmals unter Kopfschmerzen leiden, erleben schwierige Tage. Womöglich währt die kritische Wetterlage bis Anfang Mai.

Quellen:

Dipl.-Met. Peggy Hofheinz: Typisch April. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 15.04.2016

Dipl.-Met. Marcus Beyer: Achterbahnfahrt. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 17.04.2016

Dipl.-Met. Simon Trippler: Heute Sonnenlust, ab dem Wochenende Kältefrust. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 21.04.2016

Erstellt am 23. April 2016
Zuletzt aktualisiert am 25. April 2016

Unterstützen Sie Menschenswetter!

Die Höhe des Beitrags liegt in Ihrem Ermessen.

Weitere Informationen...

 3 Euro    5 Euro    12 Euro  
 Betrag selbst festlegen  

Gesundheitsrisiko Temperatursturz im April

Nach einer rekordverdächtigen Warmwetterphase von Februar bis Mitte April, ist jetzt das kühle wechselhafte April-Wetter mit Wind, Regen und vereinzelt auch Schneefall zurück. Der Temperatursturz um 15 bis 20°C ist an sich schon ein Gesundheitsrisiko, doch die physiologische und psychologischen Herausforderungen sind diesmal besonders drastisch. weiterlesen...


Admarker

Der digital Asthma-Helfer für die Tasche

Breazy Health


Schon wenig Rotwein kann massive Kopfschmerzen auslösen

Reichlich Rotwein am Abend kann morgens Kopfschmerz provozieren. Manchen Menschen leiden jedoch schon nach einem kleinen Glas oder gar einem Probierschluck Rotwein und rasch anflutenden Kopfschmerzen - nicht erst nach Stunden im alkoholvertieftem Komaschlaf, sondern unmittelbar anschließend bei hellwachem Bewusstsein. weiterlesen...


Impfsaison 2023/2024 für Menschen mit Atemwegserkrankungen

Robert-Koch-Institut (RKI) und Ständige Impfkommission (STIKO) empfehlen Menschen mit Asthma und COPD frühzeitige Impfung gegen Grippe (Influenza) und neue Corona-Varianten sowie eine Überprüfung des Pneumokokken-Schutzes zur Vorbeugung einer Lungenentzündung. Gerade in der jetzt beginnenden kalten Jahreszeit steigt neben Infektionen der oberen und unteren Atemwege auch das Risiko für spürbare Verschlechterung der Symptomatik von vorbestehenden Lungenerkrankungen. weiterlesen...


Künstliche Intelligenz (KI) unterstützt Ärzte bei der Diagnose

Das Konzept der KI (im Englischen treffender als Artificial Intelligence bezeichnet) ist in der aktuell populären Version auf die Komposition von Texten optimiert. In der medizinische Diagnostik werden andere Qualitäten gefordert. Doch schon heute liefern solche Anwendungen erstaunlich kompetente Unterstützung. weiterlesen...


Wetterwechsel provoziert Migräneattacken

Befragt man Menschen, die unter Migräne leiden, werden zuverlässig bestimmte Wetterlagen oder  eine besonders dynamische Veränderung des Wetters als Auslöser von Schmerzattacken genannt. Deshalb wurde dieser besondere Umwelt-Trigger schon vielfach untersucht. Neue Studien zeigen, dass es nicht die Wetterlage ist, die Schmerzattacken auslöst. weiterlesen...